Sonntag, 28. Februar 2016

Vom inneren Kind...

Ist wohl mal wieder an der Zeit für ein wenig Seelen-Striptease. Gerade habe ich in der Herzstück einen Artikel über das innere Kind gelesen. Wie sich die Erlebnisse von einst auf unser heutiges, zurück liegendes, wie auch zukünftiges Leben auswirken. Unweigerlich. Allumfassend. Auf jeder Ebene. Zwischenmenschlich betrachtet oder auch in der Hinsicht wie zuversichtlich wir duch unser Er-Leben schreiten. Ob sie nun positiv waren oder negativ, die auslösenden Situationen. Unsere Kindheit und Jugend prägen uns stärker als wir manchmal glauben möchten. Ist jetzt natürlich nichts Neues. Hat mich aber einmal mehr zum Nachdenken gebracht. Darüber wie häufig und gerne ich diese Tatsache von mir weg schiebe.  Weil ich sie vermutlich schlicht und einfach nicht handlen kann. Oder weil einfach erwartet wird dass ich alles schon läääängst hinter mir gelassen hätte. Denn bestimmte, besonders einschneidende Ereignisse, sind ja nicht umsonst belastend. Sondern sie hallen immer noch irgendwo nach. Sie zogen eine Kette von weiteren Ereignissen nach sich und haben das Leben unweigerlich verändert. Sie formten mich zu dem Menschen, der ich heute bin. Mit allen guten aber auch "schlechten" Facetten, die so enstehen können. Mal mehr und mal weniger merklich. Dann tanzen die inneren Dämonen so richtig Samba und feiern Fiesta. Wer hat die eigentlich eingeladen?!

Vor Jahren bereits schlug meine Therapeutin mir vor ich solle einen Brief an das Mädchen von damals schreiben. Um sie zu ermutigen, sie an die Hand zu nehmen. Was soll ich sagen? Ich habe es oft versucht. Sogar schon manches Mal damit beginnen wollen. Es doch bis heute niemals geschafft. Irgendwie kann ich es nicht über mich bringen. Was soll ich ihr denn sagen? Dass mich alles was seinerzeit geschah für den Rest meines Lebens nachhaltig belasten würde? Dass ich gerne verzeihen würde, sogar begonnen habe zu verarbeiten, zu verstehen. Dennoch schlicht nicht damit abschließen kann? Was hilft ihr das? Es ginge ja eigentlich darum ihr Mut zu machen. Mir selbst zu verdeutlichen dass ich längst über mein Ich von damals hinaus gewachsen bin. Über die 16-jährige, die 14-jährige, die 2-jährige. Dass ich dazu gelernt habe. Von anderen Menschen nicht enttäuscht worden bin. Dass da welche sind und auch immer waren, die mich liebten und nie im Stich ließen. Dass nicht alle plötzlich abhauen, nur weil man sich ihnen öffnet. Dass Vertrauen nicht zwangsweise in Schmerz, Enttäuschung und Verrat enden muß. Aber wie könnte ich? Trage ich mich doch heute noch mit diesen Wunden und Gedanken.

Wie könnte man auch erwarten dass meine Seele es einfach abgehakt und weg gesteckt hätte? Wenn Du von dem ersten Menschen, dem ein jeder in seinem Leben vollständig und bedinungslos vertraut, so sehr verletzt wirst, wie soll man dann je ohne weiteres damit umgehen? Weil es einfacher und bequemer wäre, für mich und andere, sicher. Aber ist das realistisch? Wie weit ist der Weg, der zur Heilung einer solch einschneidenden Wunde führt?

Einmal mehr erkannte ich mich in diesem Artikel sowas von wieder. Ich weiß ja, ahne und vermute, wieviel aus der Vergangenheit noch immer in mein heutiges Empfinden mit rein spielt. In meine Ängste, mein nicht vorhandenes Ur-Vertrauen, in Zwänge und Katastrophenalarm und mangelndes Selbstvertrauen. Dennoch bringe ich es (noch) nicht über mich diesen Brief zu schreiben. Manchmal glaube ich dass dieser letzte Akt eine Veränderung bewirken würde. Quasi einen Schlußpunkt setzen. Aber bisher bin ich nicht bereit dazu gewesen.

Dann entdeckte ich die Buchtipps unter dem Artikel. Das eine heißt "Die Heilung des inneren Kindes" und das andere "Das Kind in Dir muss Heimat finden". Dieser Titel traf den Nagel so exakt auf den Kopf, dass ich es direkt bestellen mußte. Vielleicht ist es wichtig. Es fühlt sich jedenfalls grad so an. Die Rezensionen habe ich kurz überflogen, nur um sicher zu gehen dass sich hinter der Überschrift das verbirgt, wonach ich suche. Denn es klingt wirklich als wäre dieser Satz direkt an mich gerichtet gewesen.

Wie oft habe ich mich schon der Illusion hingegeben ich hätte dieses und jenes Trauma inzwischen überwunden? Immer nur um in absehbarer Zeit schmerzhaft erkennen zu müssen wie wenig wahr das doch wohl ist. Wir Menschen sind nunmal die Summe unserer Erfahrungen. Selbstverständlich wachsen wir darüber hinaus, entwickeln uns weiter, lernen dazu, erleben Gegenteiliges. Aber dennoch stecken manche Stachel sehr tief fest. Die entzünden sich in Intervallen, pochen, schmerzen, brennen, jucken. Dann geben sie wieder Ruhe. Bis zum nächsten Mal. Aber damit soll endlich Schluß sein. Ich habe keine Kraft mehr und auch keine Lust weiter in alten, programmierten Mustern zu leben, zu denken, zu handeln und zu fühlen.

Wenn Du nicht mehr unterscheiden kannst was die Stimme Deiner Intuition ist, welches Dein Bauchgefühl, was Dein Herz sagt und was schlicht weg die Angst Dir einflüstert, dann wirst Du machtlos. Und das möchte ich nicht mehr sein. Also starte ich einen neuen Versuch. 

Gestern habe ich meine Haare wieder auf Schulterlänge zurück schneiden lassen und bin wieder eine Stufe heller geworden. Vielleicht brauche ich das Schwarz nicht mehr. Es begleitet mich seit so langer Zeit. Beinahe so lange wie die Krisen, die ich versuche zu überwinden und die ich so unbedingt hinter mir lassen möchte. Bin ich nun vielleicht ein Stück weit unterwegs zurück zu mir selbst? Ich bin ja hell von natur aus, blond sogar. So hell möchte ich gar nicht mehr werden. Aber dunkelblond oder hellbraun mit blonden Strähnen, das schwebt mir grad so vor. Dunkel färben geht ja immer wieder auch ganz schnell. 

Ganz oft schon habe ich mich gefragt ob ich eine Persönlichkeit erschaffen habe, die der Kämpferin, die ich immer sein mußte, entsprach. So wurde ich Schneewittchen. Mit den schwarzen Haaren und der hellen Haut. Die Prinzessin, die ihre Mutter versucht hatte zu töten...
Mit Makeup und gefärbten Haaren fühle ich mich einfach wohler. Selbstsicherer und stärker. Das bin ich. So möchte ich sein, so möchte ich auftreten. Nicht umsonst legen Stammesvölker und auch Schamanen ihre Kriegsbemalung auf. Sie können wie ein Schutzschild wirken, wie Masken. Wir zeigen uns so, wie wir gesehen werden möchten. Wie wir uns selber gerne sehen wollen. Was ich auch durchaus legitim und in ordnung finde. Immerhin ist unser Körper unser Tempel. Da dürfen wir ihn ruhig pampern und pflegen und stylen und schön machen. Aber Kurskorrekturen sind ja immer mal erlaubt ;)






11 Kommentare:

  1. Hast Du mal eine richtige Traumatherapie bei einem Trauma-erfahrenen Therapeuten gemacht?

    Weißt Du, wie Traumata im Gehirn, auf physiologischer Ebene funktionieren?

    Kannst mir auch gern eine Mail schreiben.

    AntwortenLöschen
  2. Hallo athena, die Heilung des inneren Kindes von Chopich habe ich vor Jahren gekauft. Es hat mir geholfen mich und meine Verletzungen zu verstehen.
    Liebe Grüße
    die Sammlerin

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo meine liebe Sammlerin,
      bis jetzt gehe ich schwer davon aus dass mein aktuelles Buch mir ebenfalls sehr weiter helfen wird. Ich glaube es ist genau das richtige zur rechten Zeit...
      LG und einen schönen Sonntag noch für Dich, bis bald!

      Löschen
  3. Mir sind beim Lesen deines Artikels die Tränen in die Augen gestiegen. Ich wurde als Schülerin jahrelang schwer gemobbt, was mich ganz entscheidend geprägt hat. Ich dachte auch schon einmal, ich hätte damit abgeschlossen, aber ist nicht. Es ist, wie du sagst, es hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich bin.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo liebe Anette,
      ich habe von solchen Erlebnissen schon öfter gehört und kann mir glaube ich annähernd vorstellen wie grauenhaft und nachhaltig prägend so etwas sein muß. Fühl Dich mal ganz lieb gedrückt <3 Vielen Dank für Dein Mitgefühl. Bei mir lagen die schlimmen Erlebnisse leider in der eigenen Familie...
      Ganz liebe Grüße und einen schönen Rest-Sonntag noch für Dich, bis bald!

      Löschen
    2. Wenn es Vorkommnisse eigenen Familie gibt, tut das sicher besonders weh.
      Danke und dir auch ganz liebe Grüße und eine gute Woche!

      Löschen
  4. Hallo Athena,
    ich beschäftige mich auch seit ein paar Monaten mal mehr mal weniger intensiv mit meinem inneren Kind. Falls du also wieder eine Rezension zu deinem neuen Buch schreiben solltest, ich würde mich freuen ;-)
    Meine Erfahrung ist bisher, dass ich nicht an eine vollkommene Heilung glaube. Zumindest nicht in dem Sinne, dass man alles ablegt und komplett von vorne beginnt. Ich begreife immer mehr, warum ich bin wie ich bin und warum ich im Leben will, was ich will. Ich kann das eine oder andere so annehmen, anderes möchte ich ändern. Daran arbeite ich. Aber letztlich bin ich ich und meine Erfahrungen in meiner Kindheit und Jugend haben mich geprägt. Sollte das Buch aber in eine ganz andere Richtung gehen, wäre das auch sehr spannend.
    Liebe Grüße
    Tanja

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo liebe Tanja,
      vielen Dank für Deinen Kommentar und Deine Offenheit! Selbstverständlich werde ich das Buch rezensieren wenn ich damit fertig bin, ganz klar. Für mich scheint es definitiv genau das richtige zu sein, soweit ich es bisher beurteilen kann.
      Ich glaube das Schlimme an frühen Prägungen ist einfach wenn sie Dich daran hindern Dich weiter zu entwickeln. Wenn Du über eine bestimmte Stufe auf Grund Deiner Erfahrungen nicht hinaus wachsen kannst. Wenn es Dich nach wie vor deutlich belastet. Daran will ich arbeiten.
      LG und einen schönen Sonntag noch für Dich, bis bald!

      Löschen
  5. Zur Zeit scheint bei ganz vielen so alter Seelenkram hoch zu kommen.
    Ich finde es interessant, dass es bei vielen grade die Dinge sind, die sie schon lange verarbeitet glaubten. Da nehme ich mich auch nicht aus.
    Du hast aber schon sehr viel für dich erkannt. Damit kannst du weiter arbeiten. Ich halte dir dafür fest die Daumen!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Das ist sehr lieb, vielen Dank dafür <3
      Ich wünsche Dir umgekehrt dasselbe...
      Es ist wie Du es sagst: Ein sehr altes Thema, mehr als 20 Jahre alt... Aber es hat mich nie losgelassen, so sehr ich das auch glauben wollte. Langsam brodelt es so arg dass ich es echt nicht mehr kann und will.
      Es ist so zu sagen der Kern all meines Loslass-Übels :/

      Löschen