Dienstag, 15. Juli 2014

Der Ruf in mir

Manchmal ist es ein Buch, das ich gerade lese oder eine Zeile in einer Zeitschrift, die ich "zufällig" entdecke. Ein andermal der Textausschnitt des Songs, der gerade im Radio läuft. Häufig wird mir in Gesprächen mit meinen Freundinnen ganz besonders bewußt was ich fühle, wenn sie mir dazu Fragen stellen. Ab und zu kommt es vor dass eine mich fragt (und das war wirklich schon öfter) bzw. meint es käme doch nur daher, dass ich diese und jene feministische Lektüre gelesen hätte. Also meine Meinung. Das erstaunt mich dann manchmal ein wenig. Ich nehme es keiner von meinen Freundinnen krumm, keine Sorge. Ich glaube dafür sind so befruchtende Gespräche und auch Unterschiede zwischen uns gut.

Allerdings ist es häufig gar nicht mal so dass ich etwas lese und dann bejahend nicke, mich gedankenlos anschließe. Nein, es ist umgekehrt. Ich stoße auf etwas und in mir schreit es ganz laut JA. Ich fühle mich bestätigt in den Worten der anderen. Einer anderen, die ich überhaupt nicht kenne. Dann scheint es plötzlich dass diese Gefühle endlich einen Namen gefunden haben. Und nicht nur das, ich stehe damit nicht allein. Wir sind viele. In uns toben doch sehr viele Empfindungen, die wir gar nicht immer benennen. Ahnungen, verschwommene Erinnerungen, Sehnsüchte. In dem Fall geht es mir um das Göttinnen-Thema. Weibliche Spiritualität. Ich erkenne für mich und sortiere ein, was mir zu feministisch oder gar in meinen Ohren zu hart klingt. Deshalb lehne ich es nicht kategorisch ab. Alles hat seine Ursachen. Aber ich muß ja nicht in meinen Gedankenschatz übernehmen, womit ich nicht übereinstimme. 

Denn es gibt sie ja. Den ganzen Haufen von Aneinanderreihungen, Verkettungen, von Worten, die etwas tief in mir bestätigen. Mich ansprechen. Ganz persönlich und... vertraut. Das kann auch in einem Film passieren. Etwa einige Szenen in den Nebeln von Avalon, die mein Herz höher schlagen ließen. Weil ich wußte, das ist richtig. Es wäre meine Art. Auf diese Weise entsteht für mich Verbundenheit. Das mag ein dargestelltes Ritual sein, ein Satz oder auch nur wenige Worte. Aber ich kenne sie. Es ist wunderschön an einem Punkt im Leben angelangt zu sein, wo man sich einordnen kann. Nicht meine gesamte Persönlichkeit meine ich jetzt. Es geht um den spirituellen Teilbereich, der dennoch so viel von mir ausmacht.

Jede von uns hat ihren eigenen Pfad. Ihre Worte, um die Götter zu rufen, eine Handbewegung, ein Opfer anzukündigen. Irgendetwas. Viele davon sind jedoch instinktiv und scheinen einer Art Ur-Erinnerung zu entspringen. Selbst wenn keine so denken, handeln oder erspüren würde wie ich - gut, dann käme ich mir möglicherweise ein wenig vor wie ein Alien - dennoch wäre es mein Weg. Es ist weder immer gut noch notwendig, sich an anderen Leuten zu orientieren. Dennoch identifizieren wir uns häufig selbst im Spiegel. Also wenn wir einer anderen "ins Antlitz" blicken, die genauso tickt.

In meinem Fall hat sich in den lezten, vielleicht zwei oder drei Jahren, herauskristallisiert, dass meine Spiritualität, meine magische Ausrichtung, eine weibliche ist. Göttinnen-Energien. Was nicht bedeutet dass ich keine männlichen Götter anerkennen würde oder sowas, nein nein. Aber das Eine schließt das Andere ja auch nicht zwangsläufig aus. Es ist nur ein Pol... auf dem ich stehe. Möglicherweise findet er sich wieder in meinem Alltag, das könnte ich grad gar nicht so genau bestimmen. Vermutlich würden manche Leute mich als sehr feminin bezeichnen. Andere haben mich allerdings auch schon mit maskulinen Zügen bedacht ;-) Vermutlich kommt es drauf an um welchen Lebensbereich es gerade geht. Ich bin natürlich nicht immer nur sanft und lieb. Ich kann auch anders. Habe vielleicht etwas von einer Kämpferin in mir... Mußte ich auch, könnte man sagen. Aber im Grunde meines Herzens bin ich ein Mädchen. Eine Frau. Mit all den klischeehaften Attributen, die man ihnen zuschreibt. Aber eben nicht nur denen, sondern auch was die instinkive, emotionale Seite anbelangt. Und meine Art auf Herausforderungen zuzugehen.

Gestern habe ich mit einem älteren Schinken über Mond Magie angefangen. Sehr feministisch, aber es sprach mich von der ersten Seite an. So ist es meist mit dieser Art von Lektüre, wie ich festgestellt habe. Da ist etwas im Kern des Ganzen, etwas das ein Echo in mir auslöst. Eine Antwort auf den Ruf aus meinem Inneren. Auf die Fragen, die Vorwürfe, die Ideale und moralischen Wertvorstellungen, die mich zu einem Großteil ausmachen. Es ist eine weibliche Symbolik, eine wässrige, feurige, erdige und luftige zugleich. Eine schöpferische, erhaltende. Die aber auch zerstören kann und willl, wenn es sein muß. Die Gesten sind es und der Sinn dahinter, die der Sprache meines Herzens und dem Klang in meiner Seele entsprechen. Ich sehne mich danach. 
Tisch und Bett teile ich mit (m)einem Mann, anders kann ich es mir auch gar nicht vorstellen. Ich brauche einen starken Gegenpart, der meine Weiblichkeit ausgleicht. Der mich ergänzt. Ich liebe (ihn) tief und innig. Gefühle prägen mein Wesen besonders stark. Ich bin sehr emotional.
In spiritueller Hinsicht jedoch habe ich andere Vorstellungen und Bedürfnisse. Da ist eine wilde und unkontrollierbare Ebene des Menschseins, ursprünglich, gefühlsbetont und nicht kopflastig. Vielleicht sind Männer und Frauen nicht dazu gemacht, alle Rituale gemeinsam zu (er)leben. Was auch irgendwo logisch wäre. Es gibt schließlich Gründe für unsere Unterschiede. Dennoch akzeptiert mein sehr bodenständiger Ehemann, der sich freilich mehr für Fußball in seiner Freizeit interessiert, von Anfang an meine... magische Seite. Die andere Seite (s)einer Frau. Eine magische, nicht immer kalkulierbare und leicht geheimnisvolle Seite. Sicher findet er einiges spleenig. Aber er hat Respekt vor mir und achtet was ich glaube, was ich brauche. Und um das ausleben zu können, diese "Priesterin" in mir, die Bäume umarmen, ums Feuer tanzen, trommeln, rasseln, beten, mit Tieren sprechen und zaubern möchte - dazu brauche ich weibliche Begleiterinnen. Freundinnen und Zauberfrauen, spirituell offene und interessierte Frauen. Glücklicher Weise habe ich sowas in meinem Leben von Anfang an gefunden. Auch wenn wir uns nicht immer in allen Punkten gleich sind, so verstehen wir uns doch und unterstützen unsere Vorhaben, unsere Wünsche. Ist das nicht wunderbar?

Jeder Bereich des Lebens ist wichtig und verdient Beachtung. Ich glaube dass ein Mensch, der seiner inneren Sehnsucht und womöglich Berufung aus irgendwelchen Gründen nicht nachgehen kann, mit der Zeit unglücklich werden wird. Sei dies nun kreativer, sportlicher oder spiritueller Natur. Wir alle haben mindestens eine Gabe oder eine Kunst, die wir lieben. Darin müssen wir nicht gleich Meister werden. Aber wir sollten dem folgen, um ganz zu sein.

12 Kommentare:

  1. ...von Herzen geschrieben...toll<3

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    1. Ich danke Dir <3 Freut mich ganz besonders, wenn es Dich angesprochen hat *drück Dich*

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  2. ...aus der Seele gesprochen, ausgesprochen, was so schwer zu formulieren ist....

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    1. Ja, es kam irgendwie einfach so... plötzlich :)
      Ich danke Dir <3

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  3. Jeder sieht die Welt auf seine Weise, was,...das Sprirituelle mit einschließt.
    Liebe Grüße
    Rosi

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    1. Ja, das stimmt wohl. Wie gesagt, wir müssen alle unseren eigenen Weg finden und ihn gehen... Liebe Grüße und eine schöne Woche noch für Dich :-)

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  4. Du hast mir direkt aus dem Herzen gesprochen und Dein Text ist einer derjenigen, die ich lese und alles in mir bejaht, was da geschrieben steht. Vielen Dank, dass Du etwas in Worte fassen konntest, was mir nicht gelungen ist!

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    1. Ooohhh, das rührt mich sehr <3 Ich danke Dich und umarm Dich aus der Ferne :-*

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  5. Wer sagt denn, daß Mädchen immer sanft und lieb sind? ^^ Sehr sehr schöner Beitrag. :*

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    1. Ja ne, schon klar ^^
      Danke Dir, Mausi *umärmel*

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  6. Und genau diesen Ruf in sich zu hören, das macht für mich einen spirituellen Weg aus. Eben nicht nur irgendwem oder irgendwas hinterher laufen, sondern auf die innere Stimme hören.
    Jawoll, Schwester :-)

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