Mittwoch, 1. April 2020

Begleiterscheinungen

Einer der positiven Nebeneffekte dieser ganzen Corona-Misere ist definitiv, dass ich mich nun schon zum zweiten Mal innerhalb von 10 Tagen dazu bemüssigt fühle, hier meine Gedanken aufs virtuelle Papier zu bringen. Keine Ahnung wann ich das Schreiben verlernt oder vergessen hatte. Es geschah einfach. Der Alltag gab es nicht mehr her. Aber vielleicht war es nicht nur das. Auch die Quelle in meinem Inneren war versiegt. Ich hatte schlicht nichts zu sagen. Natürlich ist mir das aufgefallen und es tat auch lange irgendwie weh. Doch der Schmerz darüber verblasste mit mit der Zeit.

An die Stelle meiner Blogeinträge traten tägliche Aufzeichnungen in meinen privaten Tagebüchern. So ganz old School mit der Hand. Jeden Morgen zog ich eine Tageskarte oder auch am Abend davor. Jeden Monat nahm ich ein anderes meiner aktuell 30 Tarot- oder Orakelkartendecks. Ich schrieb auf, wie ich die Karte verstand. Was ich meinte, was sie mir an jenem Tag zu sagen hätte und wie ich ihre Bedeutung interpretierte. Am Abend dann oder am nächsten Morgen machte ich mir Notizen, wie der Tag tatsächlich verlaufen war. Ein und dieselbe Karte konnte in einem Monat dreimal erscheinen und jedes Mal etwas anderes ankündigen. Die Grundenergie einer Karte bleibt stets dieselbe. Aber sie bezieht sich mal auf einen bestimmten Lebensbereich, mal auf Dein Gefühlsleben, dann wieder auf Deine Gedankenwelt, Beziehungen, Erlebnisse oder auch bestimmte, wichtige Situationen. 

Ich lernte meine Decks neu und intensiver kennen, was auch der Grund gewesen war, weshalb ich das irgendwann angefangen hatte. Darüber hinaus wollte ich eine spirituelle Praxis in meinem Alltag integrieren, in der ich mich mit mir und meinen Empfindungen auseinander setzen konnte. Privat. Das waren sehr persönliche Eindrücke und Erfahrungen. Nichts, was ich hätte ins Netz stellen wollen.

Irgendwann war ich mit dem Zyklus durch. Alles im Leben hat seine Zeit. Es gibt Phasen der Einkehr und Innenschau, in denen wir schweigen und die Dinge mit uns selbst ausmachen. So eine war das wohl. Und ich hatte eine Menge zu verdauen, das könnt Ihr mir glauben.

Meine knapp 30 überschüssigen Cortison-Kilos hatte ich dank eisernem Willen, Durchhaltevermögen, viel Disziplin und nicht zuletzt der WW-App wieder abgenommen. Ich konnte mich endlich wieder lieben. Die Frau im Spiegel, das war wieder ich. Mit mir blühte auch mein soziales Leben wieder auf. Ich ging viel auf Parties, begleitete meinen Mann zum Fußballplatz und amüsierte mich köstlich mit den Mädels. 

Nach einer Weile jedoch begannen die täglichen Eintragungen mich zu ermüden. Da ich seit 2012 schon durchgängig auf Instagram sehr aktiv bin (zu meinem Account @athenaenodia gelangt Ihr, wenn Ihr in der linken Sidebar auf die Insta-Diashow klickt), kam ich eines Tages auf die Idee, dass ich auch dort mit meinen täglichen Interpretationen weiter machen könnte.

Auch hier hatten sich Ermüdungserscheinungen breit gemacht. Mir stand nicht mehr der Sinn nach den ewigen Nagellack- und Kaffee-Fotos. Obwohl ich die sehr mochte, war es irgendwie immer dasselbe und mir fielen schon langsam keine kreativen Ideen mehr ein, die Bilder neu oder abwechslungsreich zu gestalten. Also begann ich, die Botschaften allgemeiner zu formulieren und die Karten jeden Morgen mit meinem Kaffee zusammen zu fotografieren.

Das gab mir plötzlich neuen Schwung. Ich suchte weiterhin jeden Monat ein anderes Kartendeck heraus, welches ich thematisch und anhand der Gestaltung für die jeweilige Jahreszeit als passend empfand. Zusätzlich konnte ich mir jetzt für jeden Monat ein anderes Layout einfallen lassen. Einen Rahmen, eine Farbgebung oder kleine Effekte, die sich vom Vormonat unterschieden. An dieser täglichen Praxis habe ich bis heute große Freude. Seit letztem Oktober mache ich das nun und es ist ganz besonders schön, dass ich dafür auch noch häufig positives Feedback bekomme. Es scheint den Menschen gut zu tun, den Morgen mit einer Message zu beginnen, an der sie sich tagsüber in bestimmten Situationen oder Gefühlslagen orientieren können. Damit habe ich das Rad zwar nicht neu erfunden, denn es gibt auch noch viele andere tolle, kreative und spirituelle Menschen, die ähnliche Beiträge teilen. Aber darauf kommt es mir ehrlich gesagt auch gar nicht an. Ich berühre einige Seelen mit meinen Worten und Bildern, das fühlt sich echt gut an.

So ist das im Leben. Wie das Meer den Gezeiten von Ebbe und Flut unterworfen ist und die ganze Natur dem Wandel der Jahreszeiten, so verpuppen auch wir uns manchmal. Dann sind wir still, brüten vor uns hin. Aber irgendwann kommen wir auch wieder hervor. Meistens stärker, schöner und besser als zuvor.

Was das jetzt alles mit Corona zu tun hat? Na ja, ist halt auch so eine Phase, durch die wir jetzt durch müssen. Ich wollte aber doch eigentlich von Begleiterscheinungen sprechen. Abgesehen davon, dass 8 Rollen Toilettenpapier aktuell 5,-€ kosten, meine ich. Die ich in dem Moment natürlich gern bereit bin zu zahlen, nur mal so am Rande. Bin ja froh, wenn ich überhaupt welches kriege. Angebot und Nachfrage bestimmen eben den Markt. Wenn also jeder Klopapier haben will und kaum welches verfügbar ist, dann steigt der Preis. Ganz einfach. Diese Gegensätzlichkeiten sind schon faszinierend. Einige können oder dürfen momentan überhaupt nicht arbeiten, die sind völlig fertig, verängstigt und sorgen sich um ihre Zukunft. Andere können sich vor Arbeit nicht mehr retten. Ganze Wirtschaftszweige und Branchen sind vom Ruin bedroht, wohin gegen andere sich dumm und dämlich verdienen, wie man so schön sagt.

So langsam kehrt auch bei mir wieder etwas Ruhe ein. Innerlich. Alles andere bleibt wie gehabt. Hausputz, Wäsche, Einkauf und Job müssen trotz allem erledigt werden. Aber diese extreme nervliche Anspannung hat etwas nachgelassen. Zwar ist nach wie vor nichts sicher, alles bleibt offen und ungewiss. Ich will auch nicht behaupten, dass ich mich himmelhoch jauchenzend fühle. Aber der Mensch scheint sich, wie und je, recht schnell an neue Gegebenheiten anpassen zu können. Auch in dieser surrealen Lage ist bereits so etwas wie Routine eingekehrt. Man arrangiert sich. 

Wir wollten zum Beispiel schon lange diesen Hype um "Game of Thrones" verstehen, hatten aber bislang nie die passende Gelegenheit, dort mal rein zu schnuppern. Letzte Woche haben wir mit der ersten Staffel begonnen und sind jetzt glaube ich bei Folge 10. Echt klasse, bin gespannt wie es weiter geht! Wo außerdem inzwischen auch aus meinem Kopf der Gedanke verschwunden ist, dass ich vielleicht lieber erstmal verstärkt haltbare Lebensmittel einkaufen sollte, gibt es sogar endlich einmal wieder seit langem frische Salate und selbst gekochtes, gesundes Mittagessen. Obst und Gemüse, Vitamine, echte Nahrung für Körper und Seele.

Dazu komme ich zwar auch jetzt nicht jeden Tag, weil ich halt meinem geregelten Arbeitsalltag ganz normal weiter nachgehen muss bzw. darf. Ein Segen, dass wir beide, mein Mann und ich, in der Digitalisierung tätig sind. Aber das war einfach in den letzten Wochen komplett untergegangen. Nur noch Schnitten, Fertiges oder Bestelltes. Mit dem Frühlingserwachen lechze ich nun aber wieder regelrecht nach leichter, bekömmlicher und selbst zubereiteter Kost. Für April steht daher Ernährung hier ziemlich weit oben auf der Agenda.

Heute ist das Wetter noch einmal herrlich. Da wir die Uhren umgestellt haben, was mich persönlich übrigens überhaupt nicht kratzt, kann ich nun auch wieder nach Feierabend joggen gehen. In der dunklen Jahreshälfte hatte ich dafür meine Mittagspause auf zwei Stunden ausgedehnt und abends eine Stunde länger gearbeitet. Nachher werde ich mich also in die Laufschuhe werfen und mir im Wald den Kopf frei rennen. Und auch die Kalorien-Sünden von gestern. Und von den Tagen davor. 

Neulich las ich einen dieser Facebook-Sprüche und musste schmunzeln. Da stand "wenn  wir die Corona-Krise hinter uns haben, dann sind wir alle übergewichtig, schwanger oder Alkoholiker". Da ist was dran.

In diesem Sinne, passt auf Euch auf Ihr Lieben und bleibt gesund.


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