Sonntag, 25. Oktober 2015

Zeiten-Wandel / Wandel-Zeit

So vieles ist geschehen dieses Jahr, so viel hat sich für mich verändert. Auch ich habe mich schon wieder, noch weiter, verändert. Häufig habe ich mich dabei erwischt dass mein Schreiben hier in diesem Jahr irgendwie oberflächlicher geworden ist. Wohl nicht zu letzt deshalb, weil ich selbst erstmal mit mir klar kommen mußte. Verstehen, was geschieht, was geschehen ist. Was ich loslassen mußte, aufgegeben habe, was mir genommen wurde oder gegeben worden ist. In meinem Leben, aber auch in mir selbst, ganz tief drin. Vieles habe ich über mich gelernt, nicht alles war positiv. Aber ich glaube es gehört zu den wirklich wichtigen Prozessen im Leben, dass wir uns selbst erkennen und uns achten können. Mit allen Schmerzen, Ängsten und Fehlern. So wie wir sind. Und auch so wie unser Leben ist. An Zufälle glaube ich ja sowieso nicht und ich weiß, dass all die wichtigen Ereignisse schon ihren Sinn, eine Berechtigung hatten. Was man nicht mit dem Herzen macht, das kann man nicht auf Dauer tun. So einfach ist das wohl. Und wenn wir das nicht akzeptieren, dann werden wir krank. Kränker und unglücklich, panisch, wund, getrieben.

Schmerz, Trauer, Wut und Hoffnung. So vieles war und ist da in mir, das akzeptiert und beachtet werden möchte. Situationen, die Unerlöstes aus der Vergangenheit herauf beschworen, es regelrecht hoch kochen ließen. Ich wurde ganz gefordert, mit Leib und Seele, könnte man sagen. Und immer dann, wenn sich im äußeren Leben große Wandlungsprozesse abzeichnen, dann passiert vor Allem auch in unserer Seele ganz viel. Denn genau da stecken die beiseite geschobenen, weg gesperrten Monster, die auf uns lauern und über uns herfallen, sobald sie die Gelegenheit wittern, dass wir schwach und angreifbar sind. In solchen Momenten bricht vieles plötzlich über uns herein. Dann gleicht das eigene Ich einem Scherbenhaufen, es gibt kein Ein noch Aus.

Viele solcher existenziellen Reifeprozesse standen in den letzten Monaten und Jahren wohl auf meinem Plan. Eines nach dem anderen, immer wieder. Bis wir uns nicht mehr umdrehen, abwenden oder weglaufen können. Es kommt der unausweichliche Punkt, da kannst Du nur noch hinsehen. Mitten in den Spiegel. Alles wahrnehmen, die geballte Ladung. Sie hat Dich mit voller Wucht erwischt. Das ist die Wende. Von dort an wirst Du stärker werden, genesen. Wenn Du einsiehst dass Du selbst die Herrin Deines Geschicks bist, wie viele äußere Faktoren oder Umstände auch eine Rolle spielen mögen. Für Dein Erleben bist Du selbst verantwortlich. Genau da mußt Du anpacken.

Wenn die Schleier dünn werden und die Ahnen nah sind, dann ist natürlich DIE Zeit im Jahr, wo unsere Abschiede uns am deutlichsten bewußt werden. Deine eigene Verletzlichkeit ist dann so nah. Die Federn, die Du gelassen hast, wo sie hingegangen sind. Vielleicht hebst Du die ein oder andere auf und sammelst sie in einem Glas für Erinnerungen. Genau das sind sie nämlich. Auch wenn sie sich manchmal aufblähen und Dir vorgaukeln möchten dass sie mächtig sind, Dich kontrollieren können. In Wahrheit verliert jeder Schrecken sofort seine Gewalt über Dich, wenn Du ihn erkannt hast. Das ist der Beginn von etwas Neuem, Besseren. Weil Du dann daran arbeitest. Womöglich sagen kannst, dass es etwas Gutes hatte, diesen Kummer bei der Wurzel gepackt und ausgerissen zu haben...

Kennen wir ja alle. Lebensumstände. Ende - Neuanfang. Neuausrichtung. Die Frage danach, wer man eigentlich ist. Woher kommst Du, wohin gehst Du. Warum? Bist Du im Reinen mit Deinen Entscheidungen? Dann ist es gut. Dann wird der Rest auch wieder werden. Besser. Ich 2.0 und so. Wer hoch fliegt, kann auch tief fallen. Und irgendwann merkst Du dann mit einem schiefen Lächeln, dass es gar nichts mehr bedeutet. Du keine Freude mehr daran hast, dass die eigenen düsteren Prophezeiungen sich erfüllt haben. Weil es keine Rolle mehr spielt. Das Kapitel ist abgeschlossen. Ein bißchen gehässig sein darfst Du ja. Aber teife Genugtuung sieht anders aus.

So wie die Momente beim Geschirr abtrocknen, spazieren gehen, Zähne putzen oder kurz vorm Einschlafen. Wenn Du zwar wach bist, aber nicht ganz da. Auch dann ist der Schleier jedesmal sehr dünn. Weil Dein Alltagsbewußtsein eine Pause einlegt, dann siehst Du weiter. Über die Grenzen. Dabei lernst Du eine Menge über Dich selbst, jedesmal. Begegnest Dir - oder auch ganz anderen. Wie beim Trommeln, Rasseln - oder Kartoffeln schälen. Bleibt sich alles gleich, sieht nur anders aus.

Und was habe ich nun aufgegeben? Eine Sicherheit, die keine wahr. Ein Projekt, das mein Herz nicht liebte. Einen Haufen Ängste, die ich schlicht nicht mehr brauche. Sie geben mir nichts mehr. Warnen mich vor nichts, haben nur rum gegaukelt, weil ich ihnen wie ein kleiner Hund hinterher gelaufen bin. Eine Schüssel voll Illusionen noch dazu, die sich abgenutzt hatten. Stimmt es also doch. Mit jeder Niederlage, gewinnst Du etwas dazu. Erfahrungen selbstverständlich und ganz viele Informationen über Dich selbst. Dein Leben. Über das was Du willst und vor Allem darüber, was Du auf keinen Fall mehr willst. Wer gut für Dich ist, wer schlecht war und wer absolut egal. Auf diese Leute hast Du vermutlich nur Deinen Seelenmüll projeziert. Bin ich ganz groß drin. Aber ist ja schön zu wissen. Und das wir mal drüber gesprochen haben. ;) Zu große Erwartungen habe ich ebenfalls abgelegt und zu kleine Träume. Ganz bodenständig, ganz realistisch, träume ich jetzt richtig big. Was sonst? Alles andere hatten wir ja schon. 

Wichtig ist immer zu erkennen, dass was schlief läuft. Dass Du Dich andocken läßt, ansaugen. Dass jeder dahergelaufene XY-Arsch-Energievampir seine Tentakeln in Dich treiben kann und sich erstmal gütlich tut. Das wollen wir doch dringend vermeiden, oder? Und so lerne ich weiter. Verabschiede mich, weine eine Träne oder auch zwei, um meine eigenen Irrtümer. Um vergeudete Lebenszeit und Trauer um verlorene Ideen. Gespenster, Geister - Ahnenzeit. Alles verändert sich und trotzdem bleiben wir die Alten. Schon seltsam, oder? Kosmisch - magisch - ganz alltäglich. Wie ein Lächeln eben, oder sich über buntes Laub und Sonnenschein freuen zu können...

In einer Woche ist Samhain. Die Tage drum herum werde ich nutzen. Meinen Altar schmücken, kleine Kürbisse aufstellen, mir die Karten legen. Verstehen, was wirklich los war und Lebewohl sagen. Zu den überholten Mustern, Einstellungen und Gedankenfragmenten, die eigentlich gar keinen Platz mehr haben. Kommt alles in den großen Topf und Hekate rührt einmal um. Wie sie es immer gemacht hat. Dabei kommt dann jedesmal etwas noch Großartigeres, Neueres heraus. Puh, wir Menschen sind schon ganz schön kompliziert. Aber schön zu sehen, dass ich auch diese Blockade nun überwunden habe. Die Scheu abgelegt, meine Gedanken auszudrücken. Wird vielleicht nicht nur der Schleier zur Anderswelt dünn in diesen Tagen, sondern auch die Mauern im eigenen Kopf, die so manches vorenthalten, verschließen, verbergen.

Ist eben nicht immer alles ganz schlimm, nur weil es so ausschaut auf den ersten Blick. Genauso wie nicht alles Gold ist, was glänzt. Und die Monster in den Schatten, die lauern und geifern, die kriegen wir auch noch in den Griff. Wandel-Zeit eben. Und was hast Du so zu sagen, zum Zeiten-Wandel...?

4 Kommentare:

  1. Dein Post hat mich sowas von berührt, dabei kann ich dir den genauen Grund gar nicht sagen. Er hat mich einfach auf einer anderen Ebene getroffen, die mit dem Verstand nichts zu tun hat. Kennst du das? Ich kann es nicht besser erklären. Jedenfalls danke ich dir dafür. Irgendwas ist da grade bei mir passiert. Liebe Grüße

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    1. Oh, das klingt ja wirklich innig... Dann hoffe ich dass es Dir wie auch immer zum Besten gereichen wird. Deine Worte haben mich nun ebenfalls berührt... Fühl Dich aus der Ferne umarmt und hab noch einen schönen Tag, bis bald! <3

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  2. Wenn so viel in einem arbeitet kann man es oft nicht nach aussen tragen, weil es einfach noch nicht fertig gebacken ist. Es war vermutlich eine harte innere Zeit, aber du hast wohl tapfer durchgehalten. Vor meinen Augen taucht gerade ein Bild vom Sommer von dir auf, wie du mit einem Hugo auf deiner Terasse gessesen bist. Das ist auch eine Lebenskunst.

    Liebe Grüße
    ganga

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    1. Tapfer scheint mir in dem Zusammenhang ein dehnbarer Begriff, liebe Ganga... Du weißt ja vielleicht auch wie sowas ist... Mal ist man stärker und mal schwächer. Das hat häufig mit der Tagesform zu tun, oder auch mit Nachrichten von außen... Aber ich versuche in der Tat mir mein Lachen zu bewahren und habe ja zum Glück auch ganz wunderbare Freundinnen und einen großartigen Mann, die mir Kraft geben. Nicht zuletzt ist es wunderbar und kostbar, mich auf diesem Wege hier austauschen zu können. Da erreichen mich, wie jetzt von Dir, ebenfalls immer wieder Kraft- und Trost spendende gute Gedanken und Wünsche.
      Hab eine wunderbare Ahnenzeit und ein magisches Samhain, Du Liebe - bis bald!

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