Samstag, 19. April 2014

Die Sache mit der Religion

Heute hatte ich via WhatsApp eine schöne (im Sinne von respektvoll und freundlich) Diskussion darüber mit meiner lieben Freundin > Rowan < alias Ash. Ich weiß dass sie heute auch schon zu dem Thema was geschrieben hat, das war aber bevor wir anfingen uns darüber auszutauschen. Im Prinzip resultierte unser Gespräch daraus, auch wenn ich es bisher noch nicht gelesen habe. Okay, mir fällt grade auf dass ich es vielleicht mal machen sollte ;-)

Alles klar, ich weiß bescheid und sehe es genau wie sie. Jeder sollte feiern und glauben, was sich für ihn richtig anfühlt. Keine Frage. Jetzt wollt ich hier aber doch mal noch ein bißchen näher darauf eingehen was das aus meiner Sicht bedeutet.

Ich bin evangelisch getauft, aber nicht konfirmiert. Wie einige von Euch vielleicht wissen habe ich mich als Kind dagegen entschieden, weil schon damals für mich fest stand dass ich in dieser Religion nicht so wirklich zuhause bin. Als meine Eltern mich darauf hin ein wenig ratlos mit dem Gelde locken wollten, welches man ja an solchen "Ehrentagen" geschenkt bekommt, sagte ich ihnen schlicht und ergreifend dass ich meinen Glauben nicht verkaufen würde. Für ein Mädchen in dem Alter kein übles Statement, muß ich jetzt im Nachhinein sagen. Denn ich wußte ja noch gar nicht allzu viel darüber, wohin mein Weg mich führen sollte. Beispielsweise glaubte ich damals schon felsenfest an Reinkarnation, wenn ich auch noch keine feste Vorstellung hatte, wie das wohl von statten gehen sollte. Also eher so in die buddhistische Richtung, oder wie jetzt? Ich begann über die verschiedensten Glaubenssysteme zu lesen und pickte mir hier was raus oder dort, das für mich Sinn machte und woran ich wirklich glauben konnte.

Denn die Sache ist für mich nicht was klingt denn schön oder was fände ich gut. Nein. Was bringt in mir etwas zum Klingen, worauf spüre ich eine Resonanz? Was erscheint mir vertraut, kommt mir bekannt vor, was glaube ICH wirklich? Das hat ja nichts mit den besten Beeren raus picken zu tun. Mag zwar so ausschauen, aber eigentlich bedeutet es nur dass ich meinem Herzen folge, meiner Intuition. Jedenfalls entstand im Laufe der Jahre daraus der farbenprächtige Mix an Vorstellungen, den ich inzwischen verkörpere, wie auch lebe.

Das Ganze ist also für mich nicht cool oder gerade angesagt. Mit 34 bin ich aus dem Alter lange raus. Es hat nichts damit zu tun, dass mir die Kirche einfach zu streng oder zu langweilig ist. Ich fühle mich in dieser ganzen Struktur nur einfach nicht zuhause. Ich scheine dort nicht wirklich zugehörig. Wo ist das Problem? Nur weil ich in einem Land lebe, das christlich geprägt ist und ich so erzogen wurde, heißt es noch lange nicht dass diese Lehren für mich richtig sein müssen.

Und damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich habe eine hohe Achtung vor dem Amt des Papstes. Habe vor Rührung und Ergriffenheit sogar ein Tränchen verdrückt bei der Papstwahl und eine Gänsehaut bekommen, weil ich das so wichtig fand. Der Mann ist mir sogar irgendwie sympathisch, soweit ich das aus der Ferne beurteilen kann.
Ich zünde Kerzen in Kirchen an und fühle mich jedesmal überwältigt von dem Geist darin, wenn ich eine betrete. Ich liebe den Gedanken wofür dieses System steht und würde deshalb auch nie austreten. Es wird viel Gutes getan im Namen Gottes... Nur wer ist das eigentlich?

Ich glaube daran dass es Jesus wirklich gegeben hat und dass er ein wunderbarer Mensch gewesen sein muß. Vermutlich hat man ihn sogar genauso grausam und entwürdigend hingerichtet, wie uns erzählt und überliefert worden ist. Sicher war er ein Hoffnungsträger, ein Heiliger. Ein Mensch mit einer Menge außergewöhnlichen Fähigkeiten. Wahrscheinlich irgendwie so in der schamagischen Richtung bewandert und mit einem großen Herzen. Dennoch verstehe ich die meisten Geschichten, die ich aus der Bibel kenne (und das sind nicht wirklich viele) als kluge Märchen und Legenden mit einem wahren Kern. Geschichten, die zum größten Teil nicht wort wörtlich gemeint sind, sondern uns etwas lehren sollen und gewiss auch teilweise verschlüsselt weiter gegeben worden sind. Was daraus die machtbesessenen alten, grießgrämigen Männer gemacht haben, die mit der Inquisition zu tun hatten und noch heute wirklichkeitsferne Entscheidungen von der geheimen Spitze unserer Weltpolitik aus treffen, ist sicher nicht der Wille dieses Gottes gewesen. Ein Gott, der sich mir nicht erschließt, übrigens. Möchte er wirklich keine anderen Götter neben sich wissen und hat er jemanden verteufelt? Oder wurde auch das ihm nur von cleveren Politikern dieser goßen Firma angedichtet? 

Ich glaube dass Wunder möglich sind, sonst könnte ich nicht an Magie glauben und sie wirken. Aber an eine unbefleckte Empfängnis glaube ich nicht. In meinen Augen ist auch diese Aussage ein Mittel gewesen, die Frau in ihre Schranken zu weisen, sie zu verdammen. Lästige, große Göttinnen in den Untergrund zu jagen, von denen die Scharen ihrer Anhängerschaften nicht ablassen wollten. Denn dieses Bild propagiert schlicht und einfach nichts anderes, als dass jede normale Frau Unzucht getrieben hat und schmutzig ist, weil sie sonst nicht zum Kinde hätte kommen können. 

Und um dennoch eine weibliche Ikone zur Verfügng stellen zu können, nahm man doch eben die "Jungfrau" Maria, sog. Mutter Gottes. In Ketten gelegt, unmündig, ohne Erfahrung. Verschleiert, eingesperrt, mit keinem anderen Lebenssinn oder Grund sie zu verehren als aus dem, dass sie den Heiland geboren hatte. Eine erstklassige Inszenierung und Fortsetzung der frevelhaften Eva-Geschichte aus dem Paradies... Darüber könnte ich jetzt stundenlang weiter schreiben, aber darum geht es ja im Grunde gar nicht. Ich denke ich habe klar gemacht dass diese Religion des zornigen, allein herrschenden und Opfer heischenden Gottes, nicht meine ist. Sondern überhaupt meiner Meinung nach nur eine von Menschen gemachten. Von Menschen mit mehr als zweifelhaften Absichten. 

Deshalb verurteile ich aber niemanden oder erlaube mir diesen Glauben eines Menschen in den Dreck zu ziehen. Ganz im Gegenteil, so widersprüchlich das auch klingen mag, ich habe dennoch Hochachtung davor. Aber vermutlich vor dem Kern des Ganzen, nicht dem in Stein gemeißelten und von Menschenhand gemachten. Die Freundinnen und Christinnen, die ich kenne - und ich meine hier keine Heuchel-Christen, die um gut da zu stehen Sonntags in die Kirche rennen, sondern Frauen, denen dieser Gott mit seinen Heiligen wirklich etwas bedeutet, würden auch nie über mich urteilen. Sie glauben selber daran dass es noch andere Götter gibt und dass man mit dem heiligen Geist in Kontakt treten kann ohne in ein Gebäude aus Holz und Stein zu gehen, wie man so schön sagt. Denn er ist überall, alles ist von ihm durchdrungen und er hat viele Namen oder Formen. Etwas das die Kirche in der Form niemals akzetieren würde.

Und all das fühle ich nicht erst seit gestern. Aber umso älter ich werde, je mehr Erfahrungen ich sammle, lese und erlebe, spüre - desto mehr entfernt mein Innerstes sich von diesem Dogma. Ich fühle dabei einfach gar nichts. Noch nicht mal Ablehnung gegen die Feste. Sie stimmen ja zu einem Großteil ohnehin mit dem überein, woran ich glaube. Was ich wirklich spüren und verehren, erfassen kann. Den Kreislauf des Lebens, das Jahresrad, die Energie der Göttin. Aber die christlichen Feste geben mir nunmal nichts. Es wäre unehrlich durch die Gegend zu laufen und so zu tun als ob. Denn so interessant ich es auch finden mag und auch wenn ich noch so gerne mehr darüber erfahre, lese und lernen möchte, meine Wurzeln sind woanders.

Deshalb halte ich weder mich für etwas Besseres oder Besonderes, noch jemand anderes. Wir sind einfach nur  unterschiedlich geprägt. Im Grunde sind wir gar nicht verschieden und auch nicht das woran wir glauben.
Jeder Mensch, der wirklich glaubt und nachdenkt über Relgion und Bestimmung ist mir lieber als einer, der lediglich mit der Behauptung gern gesellschaftlich schön Wetter macht... 

17 Kommentare:

  1. Wer ist für dich die Göttin? Das mal zu der Frage, wer Gott ist ;)

    Die Bibel wurde seit ihrer Entstehung, nämlich als die Freunde Jesu, die Geschichte aufgeschrieben haben, so oft abgeschrieben und übersetzt ... dass viele Fehler entstanden sind. Ich würde auch soweit gehen, dass manche Fehler drin gelassen wurden, auch wenn sie entdeckt worden sind ... weil die Leute bereits glaubten.

    Ich bin wütend auf die Kirche ... sowie es sich entwickelt hat. Manches Mal ist sie soweit von dem entfernt, was Jesus und seine Freunde erreichen wollten, dass es einen traurig macht.

    Ich habe mich nie evangelisch gesehen - aber ich bin gläubig. Sehr sogar. Nur nicht so, wie mancher sich das vielleicht denkt. Für mich geht alles Hand in Hand. Gott und Göttin. Engel und Naturwesen ... Mutter Erde und himmlische Reiche. Anderswelt und Himmel.

    Glaube wird im Herzen geboren und mit der Seele gelebt.

    Und zu deiner Frage, ob jener Gott keine anderen Götter neben sich duldet ... wer weiß ;)
    Aber auch hier hat es einen anderen Hintergrund. Hier geht es um das fanatischen Götzentum, dass geherrscht hatte. Vielleicht könnte man es heute mit dem Gott Fussball vergleichen ... oder dem Internet ... oder oder oder. Etwas, dass die Menschen süchtig macht ... sie verklärt und sie sich dafür opfern .. vielleicht geht es darum, dass man die Sicht der Dinge verliert. Die Klarheit des Ganzen, das Wesentliche was uns prägt und uns nicht zerreissen soll, wie ein Opfer, dass auf die Schlachtbank geführt wird, oder sich führt, um sich für seinen "Gott" zu opfern.

    Vielleicht ... wer weiß (Gedanken aus einem Migränekopf)

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    1. Na für eine Migräne ist es erstaunlich klar und scharfsichtig gelungen :-)
      Du weißt, (m)eine Göttin ist für mich Hekate. Aber es gibt natürlich noch viele andere. Aber wer ist dieser Gott...? ;-)
      Ansonsten weißt Du, dass ich mich Deiner persönlichen Meinung gerne anschließe. Denn Dein Glaube ist nicht dogmatisch, so wie er von der Kirche propagiert wird. Du glaubst ja selbst doch auch ziemlich so in meine Richtung... ;-))

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  2. Antworten
    1. Sehr, sehr, sehr, sehr wahr und richtig.
      Von daher ist es vermutlich ganz normal, dass ich vielleicht "der Kirche" nicht viel abgewinnen kann... oder wie auch immer man das ausdrücken soll...

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  3. Ein sehr schöner Text und ich kann deine Ansichten und Gefühle, behaupte ich jetzt mal, ziemlich gut verstehen. Das mit der "Jungfrau" Maria ist ja heute angeblich ohnehin widerlegt - ein einfacher Übersetzungsfehler soll schuld sein. Im Original soll ja bekanntlich nicht Jungfrau sondern junge Frau stehen...

    Am Ende ist das alles doch aber ohne belang, wie wir Religion und Glaube leben, liegt in unserer Entscheidung. Ob und was wir verteufeln genauso.

    Danke für den Artikel, er regt zum Nachdenken an. =)

    Liebe Grüsse
    Nicky

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    1. Eigentlich geht es ja auch gar nicht um das, was vielleicht ursprünglich mal geschrieben wurde. Sondern eben um das, was heut zu Tage - und auch Jahrhunderte lang - propagiert wurde. Da kann ich mich nicht hinein fühlen. Nicht annähernd so, wie ich müßte, um behaupten zu können, das sei meine Religion...

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  4. ....bin voll Deiner Meinung!....Ganz und gar!!!!

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  5. ...Leben und Leben lassen, ehrlich ohne dabei fanatisch oder
    bekehrend zu werden.....

    Nachdenklich herzliche Grüße♥

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    1. ...PS. Religion ist ein schweres Thema ebenso wie Politik,
      aber meine Meinung gehört mir und die ist häufig nicht angepasst,
      dewegen bin ich auch gerne hier.....♥ :-* ♥

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    2. Merci ;-*
      Ja, so ist es nunmal.
      Ich würde niemals versuchen wollen jemanden "auf meine Seite" zu ziehen oder zwangsweise von meinen Ansichten zu überzeugen. Ich stehe lediglich offen zu ihnen und spreche sie aus.
      Das unterscheidet uns vermutlich mit am meisten. Also die Großfürsten und mich, hehe...

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  6. Ich stimme Silberweide zu! Niemand von uns hat die Weisheit gepachtet. Die Bibel oder irgendwelche Niederschriften sind entstanden um einen Leitfaden zu geben, natürlich nutzen das Menschen aus. Das selbe kann aber auch im paganen Kreis passieren. Der pure Glaube ist göttlich, der Rest ist, was der Mensch draus macht. By the way: Frohe Ostern ;)

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    1. Amen ;-)
      Und das wünsche ich Dir auch gehabt zu haben! :-P

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  7. Wunderbarer Beitrag!! Wunderbare Kommentare!! Ihr sprecht mir alle aus dem Herzen, es ist alles gesagt

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    1. Das freut mich sehr zu hören - ich danke Dir! :-)

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  8. Ich suche bei dir immer den Like-Button :-)
    Ein sehr schöner Text. der mir aus dem Herzen spricht. Wenn alle Menschen beim Thema Religion toleranter wären, wäre die Welt wohl viel friedlicher.

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    1. Ganz Deiner Ansicht :-)
      Vielen lieben Dank, es freut mich immer sehr wenn meine Meinung auch andere berührt und ich merke, dass ich nicht so ganz allein damit stehe.

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