"Ich habe mich nicht entschieden, eine Hexe zu sein. Ich erinnerte mich, dass ich bereits eine war..." Das ist die kurze Antwort. Aber sein wir ehrlich, dazu muss ich schon etwas weiter ausholen (und es wird vermutlich SEHR lange dauern). Das Buch, aus dem ich dieses Zitat abfotografiert habe, ist übrigens eine sternenklare Lese-Empfehlung! Ich hätte etliche Bücher-Tipps für Euch. Aber kommt Zeit kommt Rat. Dies hier fürs Erste. Es sprach mir wirklich aus der Seele, als ich es vor drei Jahren las.
Und dieser Beitrag hier wollte eigentlich auch mal ein Buch werden, wenn er groß ist. Entsprechend ist er laaaang. Plant etwas Zeit ein, wenn Ihr das hier jetzt wirklich lesen wollt. Holt Euch einen Kaffee oder macht eine Flasche Wein auf, meinetwegen brüht Euch Tee, lockert Eure Muskeln, setzt Euch bequem und dann... Seid willkommen in meiner Welt!
Lasst mich Euer weißes Kaninchen sein und spielt für eine Weile die Alice. Ich entführe Euch auf einen Abstecher in mein persönliches Wunderland. (Komm mit mir ins Abenteuerland - der Eintritt kostet den Verstand... ;-)
Zurück zum Kern der Frage. Ich hatte schon länger den Gedanken, dass ich meine Beweggründe einmal ausformulieren sollte - nicht nur dafür, warum ich so bin, wie ich bin - sondern vor allem auch, weshalb ich mich genauso nenne. Gerne und stolz. Voll inbrünstiger Liebe (zum Leben, zu meiner Göttin) und in wahrhaftem Vertrauen.
In der Tat war es so, dass ich nicht erst als Teenie auf den Zug mit aufgesprungen bin, als das Thema Hexen, durch Filme und Serien wie "Der Hexenzirkel" oder "Charmed", zu einem regelrechten Hype wurde. Im Gegenteil war das einfach ein Echo von dem, was ich tief in mir fühlte. Wobei man selbstverständlich dazu sagen muss, dass Filme etc. versuchen etwas zu verbildlichen, das eigentlich naturgemäß keine materielle Form hat. Geister, als reißerisches Beispiel gern hergenommen, waren für mich z. B. spätestens seit dem Freitod meiner Großmutter absolut real.
Zu jener Zeit waren diese Strömungen in mir schon vertraut, seit ich denken und sprechen konnte. Lediglich ein zusammenfassendes Wort fehlte mir noch. Für all meine Theorien, Erinnerungen, Behauptungen, Diskussionen. Für die festen Glaubenssätze und ernsthafte Beschäftigung mit dem Okkulten, wie auch den religiösen Ausformungen in dieser Welt. Es sollte nicht lange dauern, bis ich es wiederfand.
Seit Jahrhunderten ist diese Bezeichnung mit Schimpf und Schande belegt. Bis zur Unkenntlichkeit dämonisiert und verunglimpft. Aber ich werde jetzt keine schlauen Reden darüber schwingen, wo das Wort Hexe seine Wurzeln hat und weshalb wir schon sehr lange, anders ausgedrückt, als Zaunreiterinnen benannt werden. Das ist wieder eine Geschichte für sich. Ich werde ihr zu gegebener Zeit einen eigenen Beitrag widmen.
Statt dessen versuche ich heute, mich auf meine persönlichen Ansichten zu beschränken. Wieso ich mich nicht schäme, aber auch nicht wild missionierend mit einem Schild durch die Gegend laufe, eine Hexe zu sein.
Bereits in meiner sehr frühen Kindheit hatte ich unter anderem starke, extrem lebendige Träume. Häufig waren sie beängstigend und endeten nicht gut. Nach dem Aufwachen bekam ich keine Luft oder hatte Nasenbluten, aber ich erinnerte mich jedesmal an die Angst und den Schrecken. An Feuer und an Fluten, in denen ich ertrunken war. Ich erzählte meinen Eltern von Atlantis, von Ägypten und vom Taj Mahal, als ich die Worte noch kaum aussprechen bzw. eher brabbeln konnte - geschweige denn, dass ich jemals in diesem Leben davon hätte gehört haben können. Heute weiß ich, dass ich mich an meine eigenen vergangenen Inkarnationen erinnerte.
Wie viele Male habe ich es erlebt, dass ich kleine Rituale oder einfache Dinge immer intuitiv auf eine bestimmte Art getan habe, um später in einem Buch zu lesen, wo dieser Brauch seinen Ursprung hatte. In der Gegenwart kommt wohl das Wort Deja vu diesen Momenten am nächsten.
Und ja, ich verfügte bereits früh über sehr klare Vorstellungen. Die fühlten sich nie an wie Vermutungen oder "etwas nur zu glauben". Es waren regelrechte Überzeugungen. Ich erinnerte mich. An mehr als nur vergangene Leben. Gespeist von etwas, dessen Quelle aus einer deutlich weiter entfernten Tiefe sprudelte. Tiefer und weiter als meine persönliche Existenz. Wenn es um Himmel und Hölle ging, um Leben und Wiedergeburt, Gott oder Götter. Ich hatte eine Meinung. Eine unumstößliche Erklärung, die ich auch nicht scheute zu vertreten.
Da fällt mir wieder ein, wie ich mit elf Jahren die Konfirmation verweigerte. Das wäre für mich nicht richtig, erklärte ich. Als meine Omi mich damals zu beschwichtigen versuchte, mit der Aussicht auf Geschenke und finanzielle Zuwendungen lockte, teilte ich empört mit, dass ich meinen Glauben ganz sicher nicht verkaufen würde. Damit hatte sich das Thema erledigt. Mein Vater nannte mich fortan "Heide-Marie". Irgendwie hatte er ja Recht: Ich bin eine Heidin, die nicht "den einen Gott" anerkennt. Ich unterscheide zwischen "dem universellen, ewigen Göttlichen" (welches ich als eine Macht betrachte, die absolut ALLES durchdringt) und den Göttern (diversen Entitäten oder archetypischen Gewalten, die in verschiedenen Kulturen und Zeitaltern unter diversen Namen verehrt werden).
Heutzutage lehne ich die katholische oder christliche Kirche nicht kategorisch ab. Ich bin da nur einfach nicht zuhause. Das bin nicht ich. Abgesehen von dem Wahnsinn der Hexenverfolgung, den "gestohlenen Feiertagen" und der Frauen verachtenden Mentalität, tut die Kirche ja auch viel Gutes. Sie spendet Hoffnung. Die Gebäude aus Holz und Stein haben durchaus ihren Charme. Auch wenn sie sicher nicht notwendig wären, um mit (einem) Gott zu kommunizieren. Das geht immer und überall.
Ich zünde dennoch in Kirchen sogar Kerzen an. Ich kann einen Geist fühlen. Manchmal. Eine Präsenz, die die Mauern durchtränkt und wispert, dass die Menschen unter ihrer Obhut Trost finden können. Einen Sinn. Aber meine Kirche ist es dennoch nicht. Dieser Gott spricht nicht zu mir. Wenn ich auch gegen Jesus rein gar nichts einzuwenden habe, das möchte ich klar stellen. Ich glaube an ihn. Es hat ihn ganz sicher gegeben. Er war ein großer Schamane, Heiler oder Priester seiner Zeit. Vor ihm habe ich Achtung. Der Gedanke an ihn rührt etwas in mir an. Und nein, für mich ist das kein Widerspruch an sich.
Es gibt dennoch viele Gründe, warum ich keine Christin bin. Wie könnte ich auch? Dieser dreifaltigen Konstellation aus Vater, Sohn und heiligem Geist fehlt schlicht die weibliche Identifikationsfigur. Die dreifache Göttin war gemeinhin bekannt und verehrt, bis sie von den alten Männern mit ihren langen Rauschebärten und Keuschheitsgelübden in die Verbannung geschickt wurde. Ihre Geschichten wurden adaptiert, mit neuen Namen etikettiert und genauso verlief es mit den uralten Jahreskreisfesten. Aber gut, wieder eine andere Baustelle.
Ich bezeichne meine Spiritualität in diesem Zusammenhang häufig als gynozentrisch. Weil in meinem Glauben die Göttin vorherrscht und im Mittelpunkt steht. Das bedeutet nicht, dass ich alle männlichen Gottheiten ablehne. Ganz im Gegenteil. Wir leben in einer dualen Welt. Wir sind Körper UND Geist. Neben Nacht und Tag, schwarz und weiß, Sommer und Winter, existiert von einfach allem ein Gegenpol. Eine Ergänzung. Ein Gegenteil. Die andere Seite der Medaille. Ohne das eine könnte es das andere nicht geben. Wenn wir das Böse nicht kannten, wüssten wir gar nicht was gut ist. Ohne erfahrenes Leid gäbe es kein Freude. Bzw. wären wir nicht in der Lage, sie zu erkennen. Und wüssten sie in der Folge nicht zu schätzen. Das ist Spiegelmagie erster Güte. Es liegt insofern für mich auf der Hand, dass auch das Weibliche nicht ohne das Männliche bestehen kann und umgekehrt. Wir unterscheiden uns von den Männern, nicht nur äußerlich. Und es ist gut so.
Aber als Frau ist es in meinen Augen normal, dass ich mich an gleichgeschlechtlichen Vorbildern und Mustern orientiere. Die gibt es bloß beispielsweise im Christentum nicht. Dort findet sich lediglich die arme Mutter Maria, die angeblich schwanger wurde, ohne jemals in sündiger Fleischeslust gelegen zu haben. Alles andere wäre nämlich schwer verwerflich. Alternativ sei noch Maria Magdalena erwähnt, die angebliche Hure. Wie soll das mir, einer Erwachsenen Frau des 21. Jahrhunderts, ein starkes Vorbild sein? Die ich jeden Tag im Job meinen Mann stehe und dennoch eine Ehefrau bin.
Jedoch bitte nicht verwechseln: Ich bin es, die bei uns daheim kocht und wäscht und putzt. Obwohl ich einen guten Job habe und Vollzeit arbeite. Ich mag einfach die klassische Rollenverteilung. Ich liebe Traditionen und alte Bräuche. Es fühlt sich gut an für mich. Mein Mann und ich ergänzen uns da prima. Schon früher hatte ich ja bereits erwähnt, dass ich durchaus etwas übrig habe für Klischees. Sie kommen vermutlich nicht ganz von ungefähr.
Egal in welcher Farbe ich meine Haare überfärbe, ein Schimmer Rot kommt immer durch. Meine Augen sind so grün wie Frösche, ich liebe meine Katzen mehr als die meisten Menschen und Steine betrachte ich als zweifelsfrei legitime Helferwesen.
Ich bin jedoch die Kämpferin und die Schutzbedürftige. Meine Geschichte hat mir die Chance eingeräumt, beide Seiten kennen zu lernen. Solange ich mir selber aussuchen kann, was für mich passt und was nicht, ist alles in Ordnung. Wenn ich offen einfordern kann, was ich gerade brauche. Das ist der entscheidende Faktor. Bei allem. Die Wahl zu haben. Das ist wichtig. Das macht mich gleichberechtigt. Niemand hat mich gezwungen; weder mein Mann, noch die Familie oder Gesellschaft im Allgemeinen.
Nun, ich will nicht zu sehr ins Detail gehen oder gar abschweifen. Häufig bezeichne ich mich als Natur-Spirituelle. Wenn ich irgendwo zum ersten Mal in eine Diskussion über Glaubensthemen gerate. Oder wenn ich danach gefragt werde und mein Gegenüber noch nicht so recht einzuschätzen vermag. Mit dem fehlenden Hintergrundwissen halten die Leute einen sonst gern für einen übergeschnappten Hippie und nehmen nicht mehr ernst, was man eigentlich sagen möchte. Außerdem ist das Thema durchaus kompliziert und eher nicht in zwei Sätzen abzuhandeln. Wobei das eigentlich schon okay ist. Von mir aus kann jeder herzlich gerne denken, was er möchte. Eine angenehme Gelassenheit, die das Alter so mit sich bringt.
Jedenfalls ist die Antwort durchaus korrekt und sehr ursprünglich. Immerhin ist es die Natur, mit ihrem Werden und Vergehen, den Jahreszeiten, Mondzyklen, ihrer Ebbe und Flut, an der wir Hexen uns permanent orientieren. Die Parallelen zu jedem Tag und jedem Leben sind für uns unübersehbar. Wie im Großen, so im Kleinen sagen wir. Wie oben so auch unten. Mikrokosmos gleicht Makrokosmos, Ursache ergibt Wirkung usw. usf. Wir Menschen sind selber rhythmische und zyklische Wesen. Körperlich, seelisch, allumfassend. Es gibt keine Frage, die unsere Natur nicht beantworten könnte, indem wir sie genau beobachten und als Beispiel oder zum Vorbild nehmen. So einfach ist das. Wir Hexen erachten sie vielleicht nur nicht als so belanglos, sondern widmen ihren Wundern mehr Aufmerksamkeit. Noch eine ganz einfache Tatsache.
Ich bin eine Natur-Spirituelle, das ist also vollkommen korrekt. Aber das ist noch nicht alles. Ich bin eine Frau! Da haben wir es wieder. Ich trage den Titel Hexe mit Stolz, im Gedenken an Tausende von Frauen, die vor mir da waren. Die dahin gemeuchelt, gefoltert, erniedrigt und verteufelt worden sind. Manchmal weil sie einfach nur jemand los werden wollte, manchmal weil sie Eigenschaften hatten, die uns einfach im Blut liegen. Nichts verwerfliches. Mit Tieren reden, eine enge Verbindung zu Mutter Natur pflegen, Zeichen beobachten. Über ein feines Gespür verfügen, weibliche Intuition. Vielleicht das instinktive oder überlieferte Wissen, um die heilenden oder auch verheerenden Eigenschaften von Pflanzen. Sie taten im Prinzip Dinge, nach denen heute kein Hahn mehr kräht, könnte man sagen. Aber damals mussten wir dafür brennen.
Ich rede von Verbrechen an der Menschlichkeit. Am weiblichen Teil unserer Bevölkerung. Deshalb trage ich dieses Erbe auch zur Andacht und als Mahnmal. Um der Welt zu zeigen, dass wir überlebt haben. Dass wir ein Recht haben, zu leben, was wir sind. "Und schadet es keinem, so tue was Du willst", heißt es unter anderem in der Hexenrede.
Es sei in dem Zusammenhang übrigens angemerkt, dass ich keine Wicca bin. Aber mein Glaube ist dem sehr ähnlich. Nur weniger dogmatisch. Ich persönlich finde in so gut wie jeder Kultur und Religion dieser Welt einen Funken Wahrheit, der uns allen gemein ist. Einen Ursprung oder Kern, der uns verbindet.
Des weiteren bin ich keine fanatische Anhängerin von Homöopathie und Phytotherapie (auch wenn ich beides sehr schätze und natürlich nutze), die vielleicht Schulmedizin und Wissenschaft verpönen würde. Ich bin auch kein "Öko" in dem Sinne, der den Einsatz von Deodorant verweigert und in nichts als Biolatschen umher läuft. Alles quatsch. Solche Stempel lasse ich mir nicht aufdrücken. Herrje, ich rauche sogar! Ich zelebriere es förmlich, mich zu schminken und mich zurecht zu machen. Ich bin gerne ein Mädchen! Ich trinke und lache laut und tanze und feiere und lebe und liebe. Ich bin die Prinzessin und der Bauarbeiter und das wilde Weib - alles in einem. Ebenso bin ich die Jungfrau, die Mutter und die Weise Alte in einer Person. Aber in meinem Herzen wohnt ein kleiner Hippie, da ist schon was dran. Denn das ist der eine Punkt in unserem Glauben, der uns von den allermeisten Religionen unterscheidet: Unsere Göttin sagt "jeder Akt des Lebens ist eine Feier in meinem Namen". Amen Mutter, so soll es sein.
Wir sind hier geboren, um zu lernen und uns zu entwickeln. Aber möglichst freudvoll. Es ist nichts ungewollt daran, dass wir uns amüsieren. Werde glücklich und mache aus Deinem Leben etwas Gutes. Für Dich und für die anderen. Das ist wahrer Göttinnen-Dienst. Wir verbringen diese Existenz "im Fleisch" und wir dürfen es genießen. In all seinen Facetten.
Was Magie und Wissenschaft angeht: Sie sind für mich keine Gegensätze. Sondern lediglich zwei Worte in verschiedenen Sprachen, die eigentlich dasselbe bedeuten. Unterschiedliche Betrachtungs- und Herangehensweisen. Mehr nicht. Die Wissenschaft (da von Menschen gemacht und weiter entwickelt) braucht nun einmal ihre Zeit, um zu forschen, zu entdecken und bestätigen. Heute wissen wir auch, dass die Erde keine Scheibe ist. Aber bis zu dieser Erkenntnis hat es ein Weilchen gedauert. Ihr versteht worauf ich hinaus will. Rituale, Zauberformeln, Divination, Symbole und die Ausübung magischer Praktiken existieren seit Menschengedenken. Sie werden von Menschen ausgeführt, enthalten jedoch einen göttlichen Funken. Wie übrigens alles und jeder beseelt ist, meiner Meinung nach. Da wird der Kreis wieder rund.
Allerdings schätze ich den Zauber, das Mystische und Märchenhafte, welches der Magie, wie auch dem Hexentum, anhaftet. Wenn wir jedes Wunder in seine Einzelteile zerlegen, dann verliert es einfach nur seinen Glanz. Sieh den Sonnenaufgang doch einfach, so wie er ist. Spüre in Dich hinein, was der Anblick in Dir auslöst. Ohne zu hinterfragen, wie das physikalisch möglich ist.
Die Geburt eines Kindes oder die Liebe zu einem anderen Menschen sind nicht weniger magisch, obwohl wir natürlich heut zu Tage die biologischen und chemischen Abläufe kennen, die zu Grunde liegen. Wobei vielleicht die Frage nie ganz geklärt werden wird, was zuerst da war, das Huhn oder das Ei...
Ich bin fest überzeugt (und meine Erfahrungen haben es im Laufe der letzten 40 Jahre fortwährend bestätigt), dass wir Einfluss nehmen können auf unser Leben. Auf unser Schicksal. Woran ich übrigens ebenso felsenfest glaube. Zufälle gibt es für mich nicht. Aber das bedeutet nicht, dass wir machtlos sind. Mit nichten. "Bewusst-sein" ist schon mal ein ganz entscheidender Faktor und Schlüssel zum eigenen Geschick. Was ich klar sehe und objektiv einschätze, damit kann ich auch umgehen. Mir muss also bewusst sein, was ich ändern kann (falls es mich stört), was ich hin nehmen muss (weil ich es nicht ändern kann) und vor allem muss ich das eine vom anderen zu unterscheiden wissen. Das ist eine Grundregel nicht nur in der Magie, sondern auch in der Psychologie und alltäglichen Lebensführung.
Genauso entscheiden wir uns jeden Tag aufs Neue in moralischen Dingen. Das nennen wir Gewissen. Es gibt zwei Dinge, die wir nicht zurück nehmen können: Den geschossenen Pfeil und das gesprochene Wort. Denkt einmal darüber nach. Sind nicht vielleicht, so gesehen, Himmel und Hölle gar nichts anderes als Karma? Wenn Du Dir am Ende des Tages noch im Spiegel in die Augen schauen kannst, ist das schon mal ein gutes Zeichen. Wenn Du am Ende Deines Lebens, danach, auf viele schlimme Dinge zurück zu blicken hast, dann musst Du damit zurecht kommen. Und es beim nächsten Mal am besten wieder gut machen. Aber das gilt auch schon im Leben.
Die dreifache Regel nehme ich daher sehr ernst. Alles was Du aussendest, kommt dreimal zu Dir zurück, sagen wir. Im Guten wie im Schlechten. Wer arbeitet und aussät, der wird Lohn erhalten, ernten können. Wer lügt und betrügt, verrät und verletzt, wird irgendwann auffliegen bzw. mit den Konsequenzen konfrontiert werden.
Ich sage: Gedanken sind mächtig. Worte haben Kraft. Der Glaube kann Berge versetzen. Der mentale Antrieb, ein Ziel zu erreichen oder auch nicht, versetzt Dich in die Lage, es wirklich zu schaffen - oder auch nicht. Denk immer an die Hummel, die nicht weiß, dass sie eigentlich, rein physikalisch betrachtet, gar nicht fliegen kann. Sie tut es einfach. Sie ist sich der wirkenden Naturgesetze nicht bewusst und setzt sich deshalb darüber hinweg.
Nehmen wir eine rote Rose. Wenn ich sie für einen Zauber verwende, der sich vielleicht mit Liebe oder Herzensgüte befasst, ist die Blüte an sich erstmal nicht mehr oder weniger magisch als ein Laib Brot oder eine Kristallkugel. Meine Assoziationen laden sie mit der Kraft auf, die ihr von Natur aus bereits gegeben ist. Meine Gedanken und Absichten verstärken ihre Natur. Ich sehe ihre Farbe und verbinde damit Liebe, Blut, Leidenschaft. Ich sehe, dass ihr Stiel auch Dornen hat. So wie jede Partnerschaft eben auch. Ich rieche ihren betörenden, verführerischen Duft. Ich weiß, dass sie sich aus einer zarten Knospe immer weiter entfaltet hat. Kein Teil ist in meinem Universum "einfach nur so", wie es auf den ersten Blick erscheint. Ich erfasse es im Ganzen, soweit es mir eben möglich ist. Und dann lege ich all das, was ich damit verbinde, in meine Vorstellung vom gewünschten Ergebnis. Soviel mal in meinem kleinen Exkurs zur Zauberei.
Auch Kochen ist nichts anderes als Magie. Ein rein transformativer Akt. Wie im Ritual wählen wir die nötigen Zutaten aus. Geben Gewürze hinzu, um dem ganzen etwas Pfiff zu verleihen. Wir überlegen was passt. Und dann wird schlussendlich aus vielen Einzelteilen etwas völlig Neues, ein Ganzes, zusammen geschmolzen. Worin nebenbei bemerkt auch die althergebrachte, nicht zu unterschätzende "Küchenmagie" ihre Ursprünge hat. Ihr lest also unter anderem gerade ein Plädoyer auf das womöglich wirklich älteste Gewerbe der Welt. Auf eine Kunst, ein Handwerk und eine Wissenschaft. Auf die irgendwie natürlichste Sache, die man sich vorstellen kann.
Die sogenannte "Magie der leeren Hand" funktioniert ebenfalls zweifelsohne. Sie ist nichts anderes, als eine Form von Gebet. An wen oder was auch immer gerichtet. Aber ich wasche weder ohne Weichspüler, noch werde ich ein Ritual ohne etwas Beiwerk ausführen. Das kann alles sein, was für mein Empfinden stimmig erscheint. Kerzen, Schnüre, Öle, Steine, Federn, Kräuter, Püppchen oder Alltagsgegenstände. Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt. Denn sie ist der Spielplatz jeglicher Art von Magie. Wir weben sie in der Traumzeit. Wie wir Menschen Kunst erschaffen, sind wir auch die Mitschöpfer unserer Realität.
Diese Tatsache macht uns "nach Gottes Vorbild geschaffen". Indem wir selber an jedem Tag (Mit-)Schöpfer sind. Ob wir nun schreiben, malen, töpfern, backen, gärtnern, Zahlen analysieren, heilen oder zaubern.
Vieles lässt sich also beeinflussen, beschützen, positiv wenden oder einen leichten Schwung in die richtige Richtung verleihen. Gedanken werden Worte, Worte werden Taten und schon ist es wahr. Wir manifestieren unsere Realität permanent. Häufig jedoch ohne uns dessen bewusst zu sein. Mantren sind ein gutes Beispiel. Sage Dir einmal spaßeshalber 30 Tage lang jeden Morgen ins Gesicht, dass Du hübsch und liebenswert bist. Lächle dabei. Du wirst es verinnerlichen, bis Du es selber glaubst. Irgendwann strahlst Du diese Überzeugung automatisch aus und die Menschen, die Dir begegnen, reagieren auch entsprechend auf Dich. Allerdings funktioniert dieses Prinzip auch umgekehrt. Wenn Du Dir ständig sagst, dass Du nicht genug bist, hässlich oder dumm, dann wirst Du das ebenfalls irgendwann selber glauben... Und schon sind wir bei der allseits bekannten "selbst erfüllenden Prophezeigung" angelangt. Wir programmieren. Uns. Die Welt. Die Umstände.
Weshalb lesen wir denn unseren Kindern Märchen vor? Sicherlich, um sie zu unterhalten. Aber sie lernen auch daraus. In allen alten Geschichten sind mächtige Botschaften verborgen. Schätze, die es zu heben gilt. Die den Charakter formen, ermutigen und unterschwellig sogar auf das Leben vorbereiten. Viele dieser alten Gute-Nacht-Geschichten sind objektiv betrachtet regelrecht grausam. Sie erzählen von Initiationsreisen, Visionssuchen, vom zerstückelt und wieder zusammengesetzt werden. Nichts anderes passiert im Laufe eines Lebens jedem Menschen. Wir lieben, leiden, lachen, werden verletzt, wir scheitern. Aber im besten Fall stehen wir auch wieder auf. Richten das Krönchen und begeben uns zu neuen Abenteuern.
Als nichts anderes betrachte ich die Bibel im Prinzip. Sie ist ein großes, wichtiges und durchaus aussagekräftiges Märchenbuch, in meinen Augen. Eine lehrreiche Bildergeschichte über die Menschheit, die Moral und ihrer beider Entstehung. Eine Orientierungshilfe. Die man vielleicht nicht immer unbedingt allzu wörtlich nehmen sollte. Und in der Art und Weise, wie sie formuliert wurde, vermutlich auch einigen eher dienlich als anderen. Aber darum geht es hier nicht.
Wir waren beim Manifestieren stehen geblieben und dabei, wie wir selbst jeden Tag aufs Neue unsere Welt beeinflussen. Wie wir sie formen und verändern können. Womit ich übrigens nicht behaupte, die ewig gültigen Gesetze umgehen zu können. Es gibt Regeln, die lassen sich auch mit massiver Gedankenkraft nicht brechen. Höchstens die Grenze können wir dehnen. Der Tod gehört dazu. Er ist einer der Stützpfeiler in diesem magischen Konstrukt. Alles in der materiellen Welt ist dem Verfallsprozess unterworfen. Menschen, Tiere, Bäume, Blumen, Steine. Sie alle haben zwar verschieden lang währende Lebenszyklen. Aber fest steht, nichts davon lebt ewig. Was geboren wird, muss auch sterben.
Heutzutage träume ich, unter der vollen Mondin um ein Feuer zu tanzen. Im Kreise vertrauter Frauen. Begleitet von den Geister-Rasseln, einem stampfenden Rhythmus und dem Klang von Trommeln, die mich bis ins Mark durchdringen. Ich träume davon, über die Felder meiner Wahlheimat zu fliegen und einen Baum in ihrer Mitte zu umarmen. Ich träume von meinem Wald und von Nebel. Von der atemlosen, befreienden Hetze des Laufens. Solche Erinnerungen vermischen regelmäßig mein aktuelles und längst vergangene Leben miteinander. Diese Sequenzen erinnern mich an die Sehnsucht nach Freiheit, wenn ich es mit den To-do-Listen, Kalendereinträgen, Terminen und dem Drang nach Perfektionismus wieder einmal übertrieben habe. Mein Körper sendet somit einen zuverlässigen Weckruf, wenn ich vom Weg ab zu kommen drohe.
Jedoch brauchte es viele schmerzhafte Jahre und Erfahrungen, diesen Ruf zu verstehen. Ihn nicht auszublenden. Sondern aufzuschrecken und zu erkennen, das etwas nicht stimmt. Dass die Selbstfürsorge auf den Plan rücken musste.
Derartige Gedanken-Verknüpfungen sind für mich so selbstverständlich. Warum seht Ihr das nicht? Das frage ich mich manchmal. Wieso versteht Ihr die Wunder nicht? Warum wisst Ihr sie nicht zu schätzen? Bin ich eine Form dessen, was Ihr heut zu Tage als Autisten bezeichnet? Seit wann ist es krank, sich nicht vollkommen an eine ungesunde Gesellschaft anzupassen, die sich selbst nicht mehr kennt oder wertschätzen kann?
Wenn ich sage "lasst uns die Feste feiern, wie sie fallen und das Leben genießen", dann meine ich JETZT. Weil dies das (d)eine, das entscheidende Leben ist. Du bekommst keine zweite Chance, es zu meistern. Mach das Beste daraus. Jeden Tag aufs Neue. Immer wieder. Jeden Tag besser als zuvor. Wir sind die Alten. Wir sind die Neuen. Stärker als zuvor.