Freitag, 30. Oktober 2020

Happy Halloween (oder so)...!

Was für ein Jahr, was für eine Zeit. Keine Party diesmal. Keine traditionelle Feier. Kein Treffen. Und dennoch ein Fest. Nichts von dem, was ich erwartet hätte oder das ich geplant habe, trifft ein. Corona hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wie so vielen. Jedem eigentlich irgendwie.

Im ersten Lockdown haben wir beschlossen, das Beste daraus zu machen und die "geschenkte Zeit" zu nutzen. Diesen Sommer haben wir deshalb unser Wohnzimmer komplett renoviert. Streichen und neuen Boden verlegen lassen, die Hälfte der Möbel unten ersetzt. Für die Herbstferien hatten wir es ähnlich im Esszimmer und der Küche geplant. Ein Abwasch und fertig. Wieder Ruhe in den nächsten Jahren. Zumal die Rundumerneuerung dringend notwendig wäre.

Ihr kennt das: Neben der Arbeit, dem Freundeskreis, der Freizeitverpflichtungen und alle dem, bleibt einfach für diese grundlegenden Dinge häufig keine Gelegenheit. Nicht weiter schlimm. Kommt schon irgendwann, dachten wir uns. Und sollten Recht behalten mit dieser Einschätzung.

Dennoch ergab es sich anders. Der zweite Lockdown ist da, die nächste, für die dunkle Jahreszeit prophezeite Welle, hat uns erreicht. Aber unser Malermeister hatte für unsere Urlaubswoche im Herbst bereits einem anderweitigen Auftrag zugesagt. Insofern mussten wir die weiter führenden Renovierungspläne in das kommende Jahr verlegen. Ganz ehrlich gesagt bin ich eigentlich froh darüber. Nachdem wir bereits im Sommer quasi keinen Urlaub gehabt hatten, weil eben fast die gesamten zwei Wochen für unsere Maßnahmen drauf gegangen waren.

Man besitzt gar keine Vorstellung davon, was man alles im Laufe der Jahre angesammelt hat. Bis man einmal vor der Herausforderung steht, das Ganze anzufassen. Wortwörtlich. Einen Teil in Umzugskartons zu verpacken und im Hausflur zu stapeln. Die andere Hälfte auszusortieren und in blauen Säcken zum Betriebshof zu fahren.

Dann das Putzen und wieder Einräumen und Aufbauen neuer Möbel. Der Urlaub war um, ehe wir es uns versahen und schon ging es wieder an die Arbeit. Eigentlich wäre ich da erst recht urlaubsreif gewesen. Müde und kein bisschen ausgeruht. Aber natürlich unglaublich glücklich. Alles war neu und sauber. Unser Wohnzimmer hatte sich komplett verwandelt. Insofern sind unsere Mühen mehr als belohnt worden. Dennoch braucht der Körper irgendwann seine Auszeit. Und auch der Geist schmachtet nach Erholung. 

Sprich: Wir haben die Gelegenheit dankbar angenommen, einfach mal buchstäblich Nichts zu machen. Wie man das so schön sagt jedenfalls. Geputzt, eingekauft und gegessen werden muss ja trotzdem. Wobei ich eingestehe, das hat was. Ich finde es schön, mal wirklich Zeit zum Kochen zu haben. Für all die Gerichte, die sonst so gut wie nie auf den Tisch kommen. Weil Kartoffeln schälen und Rouladen schmoren usw. einfach so lange dauert.

Für mich waren diese Herbstferien ein großartiges Highlight. Ich hatte mir vorab sechs neue Bücher bestellt und einen Vorrat meines Lieblings-Rotweins angelegt. Konnte joggen gehen, wann immer ich Lust und Laune dazu hatte - wenn das Wetter es für meinen Geschmack zuließ. 

Sobald ich realisiert hatte, dass auf Grund der aktuellen Lage keine Halloween-Partys stattfinden würden, war ich auf eine traditionelle Feier im kleinen Rahmen umgeschwenkt. Früher habe ich meist mit meinen "verrückten Tanten", also meinen spirituell gleich gesinnten Freundinnen, dieses große Fest begangen. Einen Feiertag, der mir persönlich sehr viel bedeutet. Ahnengedenken. Der Hexen Winteranfang. Ganz früher einmal sogar ist es das Neujahrsfest gewesen. Weil einfach alles in der Dunkelheit, der tiefsten Finsternis, beginnt. 

Da wir jede in unserem bunten Haufen allerdings ein Stückchen entfernt voneinander wohnen, war klar, das käme auch nicht in Frage. Die eine hat ein kleines Kind, mehrere von uns sind gesundheitlich vorbelastet. Das wäre einfach nicht vernünftig gewesen. Auch die Gedanken an eine Party mit Freunden aus dem Dorf und sogar eine Verabredung im kleinen Kreis wurde verworfen. Ich habe einfach zu großen Respekt oder besser gesagt, Angst vor dieser Seuche. 

Viele unserer Freunde bzw. meiner Freundinnen verstehen meine Bedenken und teilen sie. Die meisten sorgen sich aktuell, vernünftigerweise, hinsichtlich ihrer eigenen Situation. Das Einkommen, welches nicht mehr gesichert wäre, wenn die selbständige Tätigkeit auf Grund von zweiwöchiger Quarantäne nicht mehr ausgeübt werden könnte. Das Kleinkind, das womöglich noch nicht widerstandsfähig genug wäre, um eine solche Virusinfektion zu überstehen. Die immunschwächende Vorerkrankung, die einen schweren Verlauf begünstigen würde.

Andere Freunde werden sich vermutlich trotz allem treffen und gemeinsam feiern, ich kann es ihnen nicht verdenken. Ich gönne ihnen die Freude und den Spaß von Herzen. Hoffe aber, dass sie auf sich achten werden und gesund bleiben. Falls wirklich welche zusammen kommen. Aus eigener Erfahrung weiß ich wie schwer das ist. Den Abstand einzuhalten und sich nicht in den Armen zu liegen, gerade wenn Alkohol im Spiel ist. Aber jeder von uns muss für sich selber Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen, die das eigene Leben angehen.

Ich weiß auch, dass nicht jede von Euch meine Ängste nachvollziehen kann. Wisset, ich nehme diese Sache sehr ernst. Verdammt ernst sogar. Ich liebe mein Leben und die Menschen, die ich eben liebe. Nicht nur Menschen. Aber Ihr wisst, was ich meine. Katzen treffen sich nun einmal nicht in Kneipen und feiern Partys.

Ja Leute, auch das bin ich. Nehmt mich so oder lasst es. Ich bin ernsthaft und besorgt und ich versuche zu beschützen, was mir wichtig ist. Ich versuche zu leben, mit denen die ich liebe, so lange und so gut, wie ich kann. Dieses Leben ist mir heilig. Ich werde es auskosten, so lange und so gut, wie ich kann.

Auch das bin ich. Wenn ich schreibe, dann lasse ich alles los. Ich zeige mich verwundet und verletzlich und echt. So wie ich bin. Auch all die anderen Gesichter, die ich zeige, gehören wirklich zu mir. Die sorglose, lustige, total verrückte Ramona. Aber wenn ich schreibe, dann öffne ich mich anders. Ich lege alles frei, was ich fühle. Nehmt es oder lasst es. Liebt es oder hasst es. Aber das bin nun einmal ich. Freundschaft ist mehr als feiern und lachen. Es bedeutet auch leiden und weinen und umarmen und verstehen. Akzeptieren wie jemand ist. Und zwar im Ganzen. Und manchmal, neuerdings, bedeutet es wohl auch, sich nicht zu umarmen und sich nicht zu sehen. Jetzt gerade besteht der größte Freundschaftsdienst wohl darin, nicht zusammen zu sein.

Was ich grundsätzlich nie tue, ob ich nun rede oder schreibe, ist lügen. Ich habe genug Lügen für ein ganzes Leben gehört. Mein ganzes halbes Leben war eine Lüge. Wenn die Situation es meines Erachtens nach erfordert, dann formuliere ich eventuell sehr wohl überlegt. Weil ich niemanden verletzen will, der mir etwas bedeutet. Oder weil es nötig ist, beruflich vielleicht. Dann verhalte ich mich taktisch klug. Aber richtig lügen, eine Tatsache vortäuschen, die mir bzw. (m)einer Wahrheit nicht entspricht, das mache ich nicht. Ich verurteile Lügen. Sie sind mir ein Graus. Ich weiß auch woher das kommt. Die Ursache liegt in meiner Kindheit, in meiner Jugend vergraben. Deshalb werde ich niemandem antun, was man mir zugefügt hat. 

Und ich hoffe, dass meine kleine Schwester niemals auch nur annähernd so viele Lügen wird hören müssen, wie ich es musste. Ich wünsche mir von Herzen, dass sie nie erfahren wird, was ich über meine Mutter lernen musste. Weil das bedeuten würde, dass es einen Fortschritt gegeben hat. Eine Entwicklung. Deshalb werde ich sie auch nie diese Wahrheiten wissen lassen. Weil meine Wahrheit nicht zwangsläufig ihre sein muss. Es besteht die Möglichkeit, dass sie unter ganz anderen Voraussetzungen als ich, nicht nur aufwächst, sondern sich auch wird entfalten können. Daran möchte ich glauben. Dass diese eine Mutter nicht zweimal denselben Fehler machen wird. Dass dieses zweite Mädchen in einer Realität erwachsen werden darf, die ihrer größeren Schwester nicht vergönnt war. Weil ich sie liebe. Obwohl wir uns kaum jemals kennenlernen konnten. Und weil ich glauben möchte, dass das möglich ist. Denn ich bin nicht nur verlassen worden. Von dem einzigen Menschen, dem Naturgesetz-gemäß ich hätte auf ewig vertrauen dürfen sollen, wie keinem zweiten in der Welt. Ich bin auch verraten worden. Immer wieder. Etwas, das ich nie verstehen werde. Wie sehr ich mich auch bemühe. So sehr auch Therapeuten und schlaue Menschen versucht haben, mir zu erklären. Wir sind wie Schneewittchen und die böse (Stief-)Mutter. Aber ich werde nie verstehen oder akzeptieren können, wieso. Ich kann mir nur für den Lauf der Welt und den weiteren Verlauf meiner Familiengeschichte wünschen, dass sie sich nicht wiederholen wird. Und ich glaube das hat es auch nicht. 

So viel mal kurz zum Ahnengedenken und dem Drüber-Nachdenken, über die eigene Geschichte. Über die Gene. Über das, was mich zu der gemacht hat, die ich heute bin. Worüber ich wiederum froh sein darf. Denn all das hat mich geformt zu der Person und dem Charakter, der mich heute ausmacht. Hat mir die Werte vermittelt, die ich vertrete und für die ich einstehe. 

Warum ich das jetzt alles hier erzähle? Keine Ahnung! Wir leben im Jahr 2020, Leute. Und das ist anscheinend mein Medium. Wenn ich schreibe, dann lasse ich einfach alles frei fließen, was mir gerade durch den Kopf kommt. Manchmal denke ich, dass ich gar nicht richtig bewusst selber schreibe. Aber egal. Das mit dem Unterbewusstsein ist auch eine sehr spannende Sache. Auf die ich gerne später einmal gesondert eingehen werde. 

Wie auch immer Ihr feiern werdet oder auch nicht. Ob Euch die Ahnenzeit etwas bedeutet oder auch nicht. Ich wünsche Euch ein gesegnetes Samhain, ein fröhlich-schauriges Halloween und vor allem wünsche ich uns allen Gesundheit. Und Heilung.





Schön war´s mit Euch, im letzten Jahr....

Dienstag, 27. Oktober 2020

Die Sache mit dem Bewußtsein

Ich hatte bereits in meinem letzten Beitrag erwähnt, für wie wichtig ich dieses Thema grundsätzlich halte. Und zwar in jeglicher nur vorstellbaren Hinsicht. Sich bewusst zu sein was man tut, was man unterlässt, wie man isst, denkt, fühlt, konsumiert. Woher Vorlieben und Abneigungen stammen, woraus die eigenen Glaubenssätze und Verhaltensmuster resultieren, ist der Schlüssel zu so gut wie jeder Lebenslage. Angefangen bei den essentiellen Überzeugungen, bis hin zu den sehr persönlichen Belangen, wie beispielsweise der Art unsere Freundschaften und andere Beziehungen zu führen bzw. pflegen.

Das Problem mit dem bewusst-sein heut zu Tage ist, dass wir leider zu häufig im Autopiloten-Modus durch unser Leben hetzen. Wann hast Du das letzte Mal ganz bewusst Deinen Arbeitsweg wahrgenommen? Dich wirklich umgesehen, meine ich. Wann hast Du zuletzt Dein Frühstück richtig geschmeckt? Seine Textur, den Duft, die Temperatur... Klar, vieles blenden wir wie von selbst aus, weil wir sonst regelrecht wahnsinnig werden würden. Angesichts der Reizüberflutung durch die Medien, vom Geräuschpegel des Verkehrs. Der Hintergrundbeschallung, weil es überall dudelt und piepst und rattert und plappert. Hat also auch was mit Selbstschutz zu tun. Aber eben auch nur, wenn Du ganz bewusst die Ohren zusperrst, Scheuklappen aufsetzt und Dich in Deinen Tunnel begibst.

Ich selber schaue seit über zwanzig Jahren keine Nachrichten und lese auch nicht die Tageszeitung. Das hat etwas mit Gedankenhygiene zu tun. Ich mache das, um mein Herz, meine Seele und meinen Verstand zu schonen. Es ist mir nämlich ganz ehrlich alles viel zu viel, was in der Welt so passiert.

Aber ehrlich: Das meiste erscheint heute schnöde und selbstverständlich, alltäglich, unspektakulär. Nichts wird mehr wirklich wahrgenommen und in Folge dessen wertgeschätzt. Diesen Eindruck habe ich gewonnen und bestätigt bekommen. Von der Tsunami-mäßigen Welle an Achtsamkeits-Ratgebern, Apps, Meditations-Kursen und Selbstfürsorge-Helfern, die wir inzwischen beinahe alle brauchen. Um auf den Boden der Tatsachen zurück zu kehren, uns selbst zu finden, uns auf das Wesentliche zu besinnen. 

Jeder schreit nach Freiheit und betont gleichzeitig, wie gut es uns in der heutigen Zeit, dieser hoch technisierten, durchaus wohlhabenden Welt, doch allen geht. Freiheit fängt aber mit einem selbstbestimmten Leben im Kleinen bereits an. Selbstbestimmtes Handeln und die Freiheit, seinen Alltag nach den eigenen, sehr individuellen Bedürfnissen ausrichten zu können. Das ist die Wurzel der Zufriedenheit. Lasst uns erstmal dahin finden, bevor wir nach den Sternen greifen.

Wie oft hast Du das Gefühl, nur noch auf Anforderungen zu reagieren, die von Außen an Dich heran getragen werden? Wann agierst Du jemals aus Dir selbst heraus? Indem Du einem Impuls folgst, einer spontanen Eingebung nachgibst. Vermutlich hast Du "keine Zeit", um kurz entschlossen den Tag im Bett zu verbringen, spazieren zu gehen oder Dir aufwändig einen frischen Eintopf zu kochen.

Ich verstehe das, mir geht es selber häufig nicht anders. Strukturen und feste Regeln finde ich auch an sich sehr wichtig. Sie sind durchaus sinnvoll.  Sie geben Halt und vermitteln ein Gefühl von Sicherheit. Arbeitszeiten, Pausen, Sport, Verabredungen, Termine nach Kalender. Hat alles seine Daseinsberechtigung. Ordnung muss sein. Ehrlicherweise bin ich sogar ein extrem organisierter, aufgeräumter Typ. Ohne geregelten Tagesablauf wäre ich echt aufgeschmissen. Grundsätzlich bin ich also ein Fan von Planmäßigkeit.

Worauf es ankommt - der kleine aber gravierende Unterschied, ist ob Du frei entscheiden kannst, aus Deinem Korsett auch mal auszubrechen (oder ob Du nur denkst, Du könntest es nicht?). Ob Dir überhaupt klar ist, dass Du in einem steckst. Da darf ich persönlich mich wahnsinnig glücklich schätzen: Mir ist das so möglich, wie es in einem festen Arbeitsverhältnis nur geht. Ich sitze jetzt bald schon seit zwei Jahren im Homeoffice und kann mir sogar meine Zeit so einteilen, wie es für mich am besten passt. Dass ich am liebsten jeden Tag um 7.00 Uhr anfange und um 16.00 Uhr Feierabend mache, habe ich mir selbst ausgesucht. Wie viel mehr an Lebensqualität ich dadurch gewonnen habe, kann ich kaum beschreiben. Meine Firma und mein Chef sind da also sehr modern und Mitarbeiter-freundlich eingestellt. Das ist ein echtes Geschenk. Ich weiß, dass so ein Arbeitsmodell leider nicht überall möglich ist oder dem gängigen Standard entspricht. Deshalb bin ich wirklich dankbar und weiß die Bedingungen umso mehr zu schätzen. Seit dem genieße ich den Luxus einer echten Work-Life-Balance.

Berufstätigkeit ist aber auch lang nicht der einzige Punkt auf der Agenda. Viel Zeit im Job zu verbringen und für den eigenen Erfolg zu arbeiten, fleißig zu sein, das ist doch prima. Wenn es uns wichtig ist. Wenn wir das machen, weil wir es möchten. Wenn es unseren Zielen und Vorstellungen von einem erstrebenswerten Leben entspricht. 

Hast Du eigentlich Ziele? Weißt Du, was Dir wirklich wichtig ist? Hast Du jemals definiert, wofür Du das alles machst? Das Bewusstsein über diese drei Punkte, wird nämlich Deine Entscheidungen und somit Dein Verhalten, nachhaltig verändern. Weil Du dann nicht mehr die Erwartungen von irgend jemand anderem stumpf erfüllen wirst. Sondern anfängst zu überlegen ob die überhaupt mit Deinen eigenen übereinstimmen.

Die meisten Menschen sind insgesamt so dermaßen gefangen. Wir haben uns teils selbst eingesponnen und regelrecht verheddert. In einem Kokon aus Verpflichtungen, Zusagen, ehrenamtlichen Tätigkeiten, Familienwahnsinn, Hausarbeit und auch Freizeitstress. Häufig merken wir das erst, wenn wir bereits kurz vom Zusammenbruch stehen. Oder bereits zusammengebrochen sind. Den größten Teil von alle dem machen jedoch die eigenen Erwartungen aus. In der Regel ist uns das nicht klar. 

Alles muss immer unbedingt. (Wer sagt das? Was passiert sonst? Stirbt jemand?) Lockerlassen ist unmöglich, weil ungewohnt. Dafür wäre es nötig, die Komfortzone zu verlassen und das macht Angst. Was die anderen wohl denken könnten, wann soll ich das statt dessen erledigen, das macht man doch nicht, andere schaffen das doch auch... Wir Menschen sind sehr kreativ darin, Ausreden oder Begründungen für unsere eigene Unfähigkeit zur freien Lebensgestaltung zu (er-)finden.

Und schon sitzen wir drin in der Falle, wo wir etwas nicht mehr bewusst oder aus freien Stücken heraus tuen. Sondern weil wir es so gewohnt sind, weil es von uns erwartet wird, weil wir es so vorgelebt bekommen. Wir denken gar nicht mehr darüber nach, sondern machen automatisch. Das ist nicht immer schlecht, wie gesagt. Aber viel öfter mal innehalten und kurz überlegen oder zumindest klar machen, WARUM wir das JETZT so oder so machen, könnte allein schon viel verändern. Weil wir dann nämlich in die Entscheidungsfreiheit kommen, die wir ansonsten gar nicht sehen.

Wenn ich mich bewusst entschließe, heute mein Bad zu putzen, weil es mir nicht mehr sauber genug ist und ich mich ansonsten unwohl fühle. Dann ist das eine ganz andere Ausgangssituation - deutlich  besser und befriedigender, als es nur zu erledigen, weil es auf meiner To-do-Liste steht. Diese Erfahrung habe ich gemacht. Dann habe ICH nämlich diese Entscheidung getroffen. Und plötzlich ergibt die Schrubberei wirklich Sinn. Ich fühle mich nicht mehr so gezwungen. Ich könnte es nämlich auch bleiben lassen. Nur dann muss ich eben mit dem Staub und den Kalkflecken und den nicht mehr frischen Handtüchern leben.

Natürlich hat es viele Jahre gedauert, dies überhaupt zu begreifen und dann auch noch für die Zukunft zu verinnerlichen. Das brauchte körperliche und seelische Erkrankungen, Therapien, viel Übung und vor allem die Bereitschaft, mich zu verändern. Meine Gewohnheiten. Auch mal Nein zu sagen. Was deutlich schwieriger ist als ein braves Ja, aber lohnenswert. Als ich einmal gelernt hatte mich in einem Bereich zu hinterfragen, fiel mir mein Verhalten, die Fixierung auf das Muss, auch in anderen Belangen auf. Mir wurde mein Pflichtbewusstsein und der Hang zum Perfektionismus klar. Disziplin halte ich nichts desto trotz immer noch für eine gute Eigenschaft. Ich bin ordentlich und zuverlässig und erledige meine Pflichten. Aber zum Teil aus anderen Beweggründen als früher.

Und wenn ich mich wieder dabei ertappe, wie ich dies und jenes unbedingt noch muss, dann sage ich mir: "Ich kann machen was ich will". Denn so ist es. Dann grinse ich diebisch und mir wird sofort leichter ums Herz.

Ein weiterer Punkt auf der Bewusstseins-Agenda ist die klare Unterscheidung zwischen Wissen und Tun. Im Idealfall führe ich mir meine Überzeugung vor Augen, die ich mir unter Berücksichtigung aller Fakten gebildet habe - und lasse dann meinen Worten Taten folgen. In einigen Lebensbereichen jedoch kann das ganz schön tricky sein und vor eine echte Herausforderung stellen. Ein gutes Beispiel hierfür ist in meinem Fall die Sache mit der Ernährung. Ich habe in den letzten Jahren viel darüber gelernt und aus verschiedensten Beweggründen angepasst bzw. umgesetzt. Teils, weil ich (sehr bewusst und gewollt) auf meine schlanke Linie achte und andererseits, weil ich 2012 die Diagnose Morbus Crohn gestellt kam. Das hat einiges mit sich gebracht. Beides sind Themen, auf die ich gern zu gegebener Zeit noch näher eingehen möchte. 

Eine Sache, der ich aus meiner Sicht bisher noch nicht ausreichend gerecht werde, ist die fleischfreie Ernährung. Jeder, der vegan oder vegetarisch lebt, hat meines Erachtens nach vollkommen Recht mit seiner Entscheidung. Dennoch reichte es für mich selbst bislang nicht, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Ich habe 1000 Ausreden. Die Sache ist die - ich weiß, dass es Einwände sind. Welche, die zwar den Tatsachen entsprechen, aber eigentlich meine Schwäche in diesem Punkt demonstrieren. Auch auf dieses Thema möchte ich später noch in einem eigenen Artikel separat eingehen. Worauf ich hier nur hinaus will: Ich weiß genug, um mir eine objektive Meinung gebildet haben zu können, die meinen moralischen Werten und Vorstellungen von der perfekten Welt entsprechen würde. Das ist wichtig. Mir ist bewusst, dass ich nicht wirklich eine überzeugte Verfechterin des Fleischessens, der Massentierhaltung und all der Grausamkeiten bin. Ich esse nicht deshalb noch tierische Erzeugnisse, weil ich keine Ahnung habe. Ob es das jetzt besser oder schlimmer macht, sei mal dahin gestellt.

Wir Menschen sollten zumindest wissen was wir, durch unser Tun oder auch durch unser Unterlassen, in Kauf nehmen. Was wir unterstützen oder auch nicht und vor allem, aus welchen Gründen. Natürlich ist jede Gewissensfrage dann am härtesten, wenn wir genau informiert sind. Deswegen: Entscheide Dich dafür, entweder alle Tatsachen in ausreichendem Umfang zu kennen. Alternativ triff die bewusste Entscheidung, es aus mindestens einem tief reichenden, persönlichen Grund nicht zu wollen oder können. Aber renne nicht blind durch Dein Leben, den Supermarkt, die Werbeprospekte, zur nächsten Wahl. Entscheide wofür Du einstehen willst und in welchen Bereichen Du das lieber anderen überlassen möchtest. Keiner von uns kann allein die ganze Welt retten. Also suche Dir einen Teilbereich aus, den Du beeinflussen kannst und für den Du die nötige Energie aufzubringen vermagst. Wenn jeder etwas macht, dann sind wir schon einen großen Schritt weiter.

Es gibt genug zu tun da draußen: Wir haben die freie Auswahl zwischen Tierschutz, Nachhaltigkeit, Politik usw. Um mal nur einige prägnante Schlagworte ins Rennen zu schicken. Jeder von uns kann im Großen oder Kleinen etwas bewegen. Je nachdem, welche Möglichkeiten wir haben, welche Plattform wir bespielen, wo unsere persönlichen Fähigkeiten und Prioritäten liegen. Und es gibt ebenso viel zu tun für uns selber. Die oberste und gravierendste Verantwortung tragen wir nämlich zu aller erst für uns allein. Ganz egal jedoch, ob Du etwas für Dich oder die ganze Welt bewegen möchtest: Lasse alles in Deinem eigenen Tempo geschehen. Sonst ist Dein Vorhaben von vorn herein zum Scheitern verurteilt. Jeder Schritt ist besser als nichts. Es spielt keine Rolle, ob es dabei ums Mülltrennen, die Vermeidung von Plastik, Sport oder ein Ehrenamt in Deinem Bürgerverein geht. Einmal pro Woche ist immer ein guter Anfang. 

Lerne zunächst Dich selbst kennen. Schätze ein, was für Dich realistisch und machbar ist. Dann setze um. Und mache Dir klar: Ob Du etwas tust oder unterlässt, in jedem Fall musst Du mit den Konsequenzen leben. Entscheiden kannst Du in erster Linie ohnehin nur für Dich. Du kannst Dich ändern und das wird Reaktionen um Dich herum auslösen. Wirfst Du einen kleinen Kieselstein auf die ruhige Oberfläche eines Sees, wirst Du beobachten, welche Kreise das Wasser zieht. 

Erkenne und gestehe Dir aufrichtig ein, wie Du bist. Was Du bist. Wer Du bist. Was sich nicht unbedingt decken wird damit, wer, was oder wie Du gerne lieber wärest. Darauf kannst Du als nächstes hin arbeiten, wenn Du es willst. Bist Du eine Partylöwin? Oder ein Arbeitstier? Und wieso oder? Können wir nicht alles sein, was wir möchten? Vielleicht nicht. Evtl. sind es Eigenschaften, die Du an anderen zutiefst bewunderst, die allerdings Deinem eigenen Wesen überhaupt nicht entsprechen. Dann ändere entweder Dich selbst oder akzeptiere, dass Du so nicht bist. Klingt sehr einfach. Ich weiß selber, dass es häufig so leicht nicht ist. 

Wisse daher: Die Macht einer klaren Entscheidung ist eine große Kraft. Sie wird viel Energie freisetzen, die Dich auf nie erahnte Weise darin unterstützen wird, das gefasste Ziel zu erreichen. Hand aufs Herz und das Licht nicht länger unter den Scheffel gestellt: Wir alle haben schon oft im Leben Dinge erreicht, an die wir nicht im Traum gedacht hätten. Wir haben es einfach durchgezogen. Weil wir wollten, weil wir mussten, weil wir anders nicht mehr konnten, weil wir keine andere Wahl mehr hatten. Und diese Stärke können wir immer wieder mobilisieren. Es hängt davon ab, ob die Motivation ausreicht. 

Selbstverständlich kann ich hier immer nur von meiner eigenen Weltsicht berichten. Von meinen Erfahrungen, meiner Meinung. Es gibt Dinge, die bringen Dich schier um den Verstand und Du stehst davor, wie vor dem Auge eines Sturms. Und Du hast keinen blassen Schimmer, wie Du dieses Erlebnis überstehen sollst. Ich weiß das. Ich kenne die Schicksalsschläge und die Weggabelungen und die Kraftlosigkeit. Ich habe auch schon ins Nichts geblickt, über den Rand des Abgrunds hinaus. Und vermutlich werde ich es wieder müssen. Man sieht dann einfach nicht mehr klar, kann nicht objektiv denken. Angst lähmt und Verzweiflung legt sich über jede Empfindung, wie ein Leichentuch. Vor allem, wenn es um die eigene Existenz geht oder wenn es um jemanden geht, den Du liebst.

Meist sind wir allerdings gerade im Angesicht der größten Katastrophe in der Lage zu überstehen, was wir für nicht zu überleben hielten. Von dem wir glaubten, es sei einfach nicht auszuhalten. Du wirst wissen wovon ich rede. Denn so traurig es auch sein mag, es ist wahr. Wir alle haben solche Situationen erlebt. Und der Grund, warum Du dies hier trotzdem noch lesen kannst ist der, dass Du es gemeistert hast. Inzwischen hilft mir daher häufig der Gedanke, egal wie erschreckend die Lage auch sein mag, dass ich auch anderes schon durchgestanden habe. Dass auch dies zu schaffen ist. Natürlich lässt man Federn, jedes verfluchte Mal. Aber irgendwo passiert auch ein Update in Deinem Inneren. 

Mein Rat lautet daher stets: Wenn Du es mit Entscheidern oder potenziellen Helfern zu tun hast - sei authentisch. Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden, hat meine Schwiegermutter immer gesagt. Zeige, wer Du wirklich bist. Lasse die Welt Deinen Schmerz sehen. Wieviel davon und wen, das entscheidest Du. Aber Menschen merken, wenn Du Dich verstellst. Ganz intuitiv. Umso mehr Lebenserfahrung sie haben, desto eher durchschauen sie, wenn Du nicht wirklich alles preisgibst. Wir lieben Schwächen. Fühlen uns angezogen von verwandten Seelen, die sich blank machen und alles freilegen, was an die eigenen Niederlagen erinnert. An das eigene Scheitern. Das macht uns zu Menschen. So entsteht Nähe. Indem wir uns öffnen und jemandem bewusst gestatten, sich anzulehnen. Emotional anzudocken. Auf diese Art finden wir Verbündete. In jedem Kampf. Sei ehrlich. Dir selbst fällt es leichter, Dich mit jemandem zu identifizieren, der nicht perfekt ist. Genauso wenig, wie Du selbst.

Und nein, ich halte mich nicht etwa für überlegen, weil ich solche geistigen Ergüsse hier raus haue. Ich schaue Fernsehen und mache ganz profane Dinge, wie wir alle. Ich liebe es, mich berieseln und gut unterhalten zu lassen. Für mein Empfinden, gut. Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten. Ich lasse die Glotze eben nicht laufen, egal wie stumpf die Ausstrahlung ist. Für mein Empfinden, stumpf. Big Brother und Dschungelcamp werdet Ihr bei mir jedenfalls nicht sehen. Geht gar nicht. Sollte alles meiner Meinung nach wegen Volksverdummung verboten werden. Sorry, falls Ihr Fans sein solltet. Ich entscheide mich halt auch hier ganz bewusst. Ich sage immer gern, dass ich ohne meine Leichen nicht einschlafen kann und das meine ich nicht ganz so scherzhaft, wie man meinen könnte. Wenn es bei Bones, CSI, Criminal Minds & Co. hoch her geht, werde ich ruhig. Spannung ist mein Beruhigungsmittel. Im Gegensatz machen Nachrichtensendungen und Unterhaltungsshows mich verrückt. Dabei kann ich nicht abschalten oder besser gesagt, wühlt mich sowas auf. 

An einem gemütlichen Abend schaue ich Horror-Filme oder führe mir den Familienauftrag der Winchesters zu Gemüte - was für ein Klischee, oder? Ich stehe auf American Horrorstory (so schön krank) und all der Tod in The Walking Dead hat mich seinerzeit irgendwie mehr zurück ins Leben geholt, als ich ziemlich am Boden war. Aber ich bin auch Sex and The City. Ich bin der Desperate-Housewifes-Typ und ich liebe die alten Serien wie Friends oder Gilmore Girls. Je nachdem, wie ich gerade drauf bin. Auch das alles gehört für mich zum Menschsein dazu. Zum Leben, zum Genießen. Ich bin mir einfach im Klaren darüber, dass ich so ticke. Und deshalb finde ich das vollkommen okay. Klatschblätter hingegen sind mir ein Graus. Es interessiert mich nicht, was sie alle in ihrem Privatleben treiben. Ich habe ein eigenes.

Worauf ich hinaus will: Wir alle haben eine bunte Fülle an Facetten und die sollten wir uns auch gestatten. Nehmt so viele Erfahrungen mit, so viel Freude, Lachen, Gruseln, Party, Genuss und Leben, wie Ihr nur könnt. Wir sollten uns bewusst für Vielschichtigkeit entscheiden. Musst Du immer Ernst sein, nur weil Du Mama bist und die Verantwortung trägst? Die Antwort lautet meines Erachtens nach - nein! Du kannst sein wer, wie und was Du willst. Die Entscheidung treffen wir jeden Tag neu. Das sollten wir uns vor Augen führen. 

Mein Wording, wenn ich hier schreibe beispielsweise, unterscheidet sich teilweise extrem von der Art und Weise, wie ich in meinem Privatleben auftrete. Am Fußballplatz oder auf einer Party oder im Job. Ich fülle jede dieser Rollen aus und ich genieße es. Wer sagt, dass ich nur die emsige Assistentin oder die bewusste Spirituelle oder das verrückte Huhn sein muss? Ich bin alle von ihnen und das ist gut so. 

Mein Segen (oder mein Fluch ;-) ist das Geschichtenerzählen. Ich werde immer mal, seit frühester Kindheit, darauf angesprochen. Dass ich wie ein ganz anderer Mensch erscheine, wenn ich schreibe. Ja, ich drücke mich dann anders aus. Ist doch klar, oder? Wenn ich mein Blog in Umgangssprache verfassen würde, klänge es vermutlich etwas seltsam. Und wenn ich ständig bei den Leuten im Dorf so tief schürfend herum schwafeln würde wie jetzt, das wäre doch auch ein wenig komisch. Dennoch bin ich dieselbe Person. Aber ich bin mehr, als meine äußere Erscheinung. Mehr als lackierte Fingernägel, witzige Sprüche und Organisationstalent. 

Was das Reden und das Schreiben anbelangt - ich kann mich irgendwie einfach nicht kurzfassen. Liegt vermutlich in meinen weiblichen Genen, denn ich beobachte dasselbe Phänomen häufiger in meinem Freundinnenkreis. Aber hey, die gute Nachricht ist: Im Marketing beispielsweise ist Storytelling, gekonnt und emotionsgeladen, eine durchaus positive Sache. 

Also mache ich das Beste daraus. Ich versuche es zumindest, was meine positiven Eigenschaften betrifft. So, wie ich sie gerade nutzen kann. Das Beste können wir ohnehin immer nur aus dem JETZT heraus holen. Wir haben quasi auch nur das. Deshalb sage ich: Kauf die zu teuren Schuhe. Iss das Stück Kuchen. Wenn Du es wirklich, wirklich willst. Ja, ich weiß. Diese Einstellung macht mich vermutlich auch zu einer Drama-Queen. Sieht so aus, als würde ich allem eine Bedeutung zumessen. Eine versteckte oder eine ganz eindeutige. Was soll´s - das stimmt!

Und da sind wir wieder beim Bewusstsein angelangt. Ich versuche immer wach zu sein. Jedenfalls dann, wenn es Sinn macht. Mitten in der Nacht wäre es mir lieber, diese Eigenschaft noch besser abstellen zu können. Aber so grundsätzlich, bin ich mir gern der Tragweite alles möglichen bewusst. 

Nehmen wir den Herbst. Diese Zeit bedeutet für mich: Lichterketten, Kerzen, Rotwein, Kürbissuppe, klare Luft und Halloween-Deko. Andersherum aber auch: Ahnengedenken, Unterweltzeit, Hekate, Abrechnung und Ernte, die Ankündigung der wilden Jagd. Im Angesicht des Verfalls findet sich eine große Schönheit. Fast atemberaubender als die Fülle des Sommers, scheint es mir manchmal. Ich versuche dann darin einen übertragenen Sinn für das Leben zu finden. Immerhin bin ich mit meinen 40 Jahren nicht mehr allzu weit vom Herbst des Lebens entfernt. Kann dieser langsame Abschied von straffer, praller Haut schön sein? Findet sich eine Anmut im Vergehen meiner äußerlichen Jugend? Auf die Vorzüge der Gelassenheit und geistigen Reife, die mit dem zunehmenden Alter Einzug halten, bin ich längst aufmerksam geworden.

Sogar meine Katze liebt dieselben Dinge wie ich und ich bemerke das durchaus: Sie liebt den Duft von getrockneten Kräutern, sie beobachtet gern das Spiel der im Wind tanzenden, bunten Blätter vor dem Fenster. Sie liebt Blumen. Bücher, Papier und Gemütlichkeit. Snowhy genießt die Wärme der von unserer Fußbodenheizung aufgeladenen Fliesen, wenn ihr erst die Hitze  vom Sonnenschein geküsster Terrassenplatten gewichen ist. Vermutlich ist sie eine verdammt gute Lehrerin. Denn sie zeigt mir, wie ich jeder Jahreszeit ihre Vorzüge abgewinnen kann. Was ich ohnehin tue, glaube ich. 

Um es mit den Worten von Metallica zu sagen: "Nothing else matters". Heute ist alles, was zählt. Und zwar nicht nur in Bezug auf die Jahreszeiten oder das Älterwerden. Sondern grundsätzlich. In der Spiritualität bedeutet dies für mich, dass ich nicht nur die Asche anbeten, sondern auch die Flamme am Leben halten möchte. Durch den Wandel der Zeiten. Auf meinem eigenen Weg. Ich liebe Traditionen und alte Bräuche. Aber alles verändert nun einmal sein Gesicht. Aus Dörfern wurden Städte und aus Kindern werden Erwachsene. Heute reden wir über die großen Themen des Daseins nicht mehr nur noch hinter vorgehaltener Hand. Wir bloggen und wir twittern, wir sprechen offen. Wir erheben unsere Stimme.  Denn das bedeutet es, lebendig zu sein. Veränderung, Wachstum, Fortschritt. 

Ich bin die Hexe. Ich bin die Liebende. Ich bin das wilde Weib. Die Mutter, die Jungfrau, die Schöne, die Lustige. Die Berufstätige, die Freundin. Diese Liste lässt sich beliebig fortführen und ergänzen. Für alles was ich bin, für jede Rolle, die ich spiele, habe ich mich bewusst entschieden. Manchmal früher, manchmal später. In vieles musste ich erst hinein wachsen. Ich musste lernen zu verstehen, wer ich bin. Was ich kann. Was ich nicht kann. Was ich will und was ich nicht will. Und was ich vielleicht dennoch tue. 

Lerne, die Dinge im übertragenen Sinne zu verstehen. Das hat mir stets sehr geholfen. Nicht erst, seit mir als Mädchen von meinem Vater das Kartenlegen beigebracht wurde. Ich habe es weiter entwickelt. Meine Techniken sind noch anders als seine. Lerne die Dinge zu deuten, besser gesagt. Lies die Zeichen. Lies zwischen den Zeilen. Die Bildersprache ist eine universelle. Genau wie die von Tönen, Düften, Geschmäckern, Farben und Gefühlen. Alles hat einen Symbolgehalt. Entwirre die Fäden Deines Lebens. Sieh das ganze Netz, aus dem es besteht. Fahre mit den Fingern an den Saiten entlang, deren Schwingung Dich mit allem und jedem verbinden. Ein altes Symbol versteht jeder.





Samstag, 3. Oktober 2020

Warum "Hexe"...?

 


"Ich habe mich nicht entschieden, eine Hexe zu sein. Ich erinnerte mich, dass ich bereits eine war..." Das ist die kurze Antwort. Aber sein wir ehrlich, dazu muss ich schon etwas weiter ausholen (und es wird vermutlich SEHR lange dauern). Das Buch, aus dem ich dieses Zitat abfotografiert habe, ist übrigens eine sternenklare Lese-Empfehlung! Ich hätte etliche Bücher-Tipps für Euch. Aber kommt Zeit kommt Rat. Dies hier fürs Erste. Es sprach mir wirklich aus der Seele, als ich es vor drei Jahren las.

Und dieser Beitrag hier wollte eigentlich auch mal ein Buch werden, wenn er groß ist. Entsprechend ist er laaaang. Plant etwas Zeit ein, wenn Ihr das hier jetzt wirklich lesen wollt. Holt Euch einen Kaffee oder macht eine Flasche Wein auf, meinetwegen brüht Euch Tee, lockert Eure Muskeln, setzt Euch bequem und dann... Seid willkommen in meiner Welt!

Lasst mich Euer weißes Kaninchen sein und spielt für eine Weile die Alice. Ich entführe Euch auf einen Abstecher in mein persönliches Wunderland. (Komm mit mir ins Abenteuerland - der Eintritt kostet den Verstand... ;-)

Zurück zum Kern der Frage. Ich hatte schon länger den Gedanken, dass ich meine Beweggründe einmal ausformulieren sollte - nicht nur dafür, warum ich so bin, wie ich bin - sondern vor allem auch, weshalb ich mich genauso nenne. Gerne und stolz. Voll inbrünstiger Liebe (zum Leben, zu meiner Göttin) und in wahrhaftem Vertrauen. 

In der Tat war es so, dass ich nicht erst als Teenie auf den Zug mit aufgesprungen bin, als das Thema Hexen, durch Filme und Serien wie "Der Hexenzirkel" oder "Charmed", zu einem regelrechten Hype wurde. Im Gegenteil war das einfach ein Echo von dem, was ich tief in mir fühlte. Wobei man selbstverständlich dazu sagen muss, dass Filme etc. versuchen etwas zu verbildlichen, das eigentlich  naturgemäß keine materielle Form hat. Geister, als reißerisches Beispiel gern hergenommen, waren für mich z. B. spätestens seit dem Freitod meiner Großmutter absolut real.

Zu jener Zeit waren diese Strömungen in mir schon vertraut, seit ich denken und sprechen konnte. Lediglich ein zusammenfassendes Wort fehlte mir noch. Für all meine Theorien, Erinnerungen, Behauptungen, Diskussionen. Für die festen Glaubenssätze und ernsthafte Beschäftigung mit dem Okkulten, wie auch den religiösen Ausformungen in dieser Welt. Es sollte nicht lange dauern, bis ich es wiederfand.

Seit Jahrhunderten ist diese Bezeichnung mit Schimpf und Schande belegt. Bis zur Unkenntlichkeit dämonisiert und verunglimpft. Aber ich werde jetzt keine schlauen Reden darüber schwingen, wo das Wort Hexe seine Wurzeln hat und weshalb wir schon sehr lange, anders ausgedrückt, als Zaunreiterinnen benannt werden. Das ist wieder eine Geschichte für sich. Ich werde ihr zu gegebener Zeit einen eigenen Beitrag widmen.

Statt dessen versuche ich heute, mich auf meine persönlichen Ansichten zu beschränken. Wieso ich mich nicht schäme, aber auch nicht wild missionierend mit einem Schild durch die Gegend laufe, eine Hexe zu sein.

Bereits in meiner sehr frühen Kindheit hatte ich unter anderem starke, extrem lebendige Träume. Häufig waren sie beängstigend und endeten nicht gut. Nach dem Aufwachen bekam ich keine Luft oder hatte Nasenbluten, aber ich erinnerte mich jedesmal an die Angst und den Schrecken. An Feuer und an Fluten, in denen ich ertrunken war. Ich erzählte meinen Eltern von Atlantis, von Ägypten und vom Taj Mahal, als ich die Worte noch kaum aussprechen bzw. eher brabbeln konnte - geschweige denn, dass ich jemals in diesem Leben davon hätte gehört haben können. Heute weiß ich, dass ich mich an meine eigenen vergangenen Inkarnationen erinnerte.

Wie viele Male habe ich es erlebt, dass ich kleine Rituale oder einfache Dinge immer intuitiv auf eine bestimmte Art getan habe, um später in einem Buch zu lesen, wo dieser Brauch seinen Ursprung hatte. In der Gegenwart kommt wohl das Wort Deja vu diesen Momenten am nächsten.

Und ja, ich verfügte bereits früh über sehr klare Vorstellungen. Die fühlten sich nie an wie Vermutungen oder "etwas nur zu glauben". Es waren regelrechte Überzeugungen. Ich erinnerte mich. An mehr als nur vergangene Leben. Gespeist von etwas, dessen Quelle aus einer deutlich weiter entfernten Tiefe sprudelte. Tiefer und weiter als meine persönliche Existenz. Wenn es um Himmel und Hölle ging, um Leben und Wiedergeburt, Gott oder Götter. Ich hatte eine Meinung. Eine unumstößliche Erklärung, die ich auch nicht scheute zu vertreten. 

Da fällt mir wieder ein, wie ich mit elf Jahren die Konfirmation verweigerte. Das wäre für mich nicht richtig, erklärte ich. Als meine Omi mich damals zu beschwichtigen versuchte, mit der Aussicht auf Geschenke und finanzielle Zuwendungen lockte, teilte ich empört mit, dass ich meinen Glauben ganz sicher nicht verkaufen würde. Damit hatte sich das Thema erledigt. Mein Vater nannte mich fortan "Heide-Marie". Irgendwie hatte er ja Recht: Ich bin eine Heidin, die nicht "den einen Gott" anerkennt. Ich unterscheide zwischen "dem universellen, ewigen Göttlichen" (welches ich als eine Macht betrachte, die absolut ALLES durchdringt) und den Göttern (diversen Entitäten oder archetypischen Gewalten, die in verschiedenen Kulturen und Zeitaltern unter diversen Namen verehrt werden).

Heutzutage lehne ich die katholische oder christliche Kirche nicht kategorisch ab. Ich bin da nur einfach nicht zuhause. Das bin nicht ich. Abgesehen von dem Wahnsinn der Hexenverfolgung, den "gestohlenen Feiertagen" und der Frauen verachtenden Mentalität, tut die Kirche ja auch viel Gutes. Sie spendet Hoffnung. Die Gebäude aus Holz und Stein haben durchaus ihren Charme. Auch wenn sie sicher nicht notwendig wären, um mit (einem) Gott zu kommunizieren. Das geht immer und überall. 

Ich zünde dennoch in Kirchen sogar Kerzen an. Ich kann einen Geist fühlen. Manchmal. Eine Präsenz, die die Mauern durchtränkt und wispert, dass die Menschen unter ihrer Obhut Trost finden können. Einen Sinn. Aber meine Kirche ist es dennoch nicht. Dieser Gott spricht nicht zu mir. Wenn ich auch gegen Jesus rein gar nichts einzuwenden habe, das möchte ich klar stellen. Ich glaube an ihn. Es hat ihn ganz sicher gegeben. Er war ein großer Schamane, Heiler oder Priester seiner Zeit. Vor ihm habe ich Achtung. Der Gedanke an ihn rührt etwas in mir an. Und nein, für mich ist das kein Widerspruch an sich.

Es gibt dennoch viele Gründe, warum ich keine Christin bin. Wie könnte ich auch? Dieser dreifaltigen Konstellation aus Vater, Sohn und heiligem Geist fehlt schlicht die weibliche Identifikationsfigur. Die dreifache Göttin war gemeinhin bekannt und verehrt, bis sie von den alten Männern mit ihren langen Rauschebärten und Keuschheitsgelübden in die Verbannung geschickt wurde. Ihre Geschichten wurden adaptiert, mit neuen Namen etikettiert und genauso verlief es mit den uralten Jahreskreisfesten. Aber gut, wieder eine andere Baustelle.

Ich bezeichne meine Spiritualität in diesem Zusammenhang häufig als gynozentrisch. Weil in meinem Glauben die Göttin vorherrscht und im Mittelpunkt steht. Das bedeutet nicht, dass ich alle männlichen Gottheiten ablehne. Ganz im Gegenteil. Wir leben in einer dualen Welt. Wir sind Körper UND Geist. Neben Nacht und Tag, schwarz und weiß, Sommer und Winter, existiert von einfach allem ein Gegenpol. Eine Ergänzung. Ein Gegenteil. Die andere Seite der Medaille. Ohne das eine könnte es das andere nicht geben. Wenn wir das Böse nicht kannten, wüssten wir gar nicht was gut ist. Ohne erfahrenes Leid gäbe es kein Freude. Bzw. wären wir nicht in der Lage, sie zu erkennen. Und wüssten sie in der Folge nicht zu schätzen. Das ist Spiegelmagie erster Güte. Es liegt insofern für mich auf der Hand, dass auch das Weibliche nicht ohne das Männliche bestehen kann und umgekehrt. Wir unterscheiden uns von den Männern, nicht nur äußerlich. Und es ist gut so.

Aber als Frau ist es in meinen Augen normal, dass ich mich an gleichgeschlechtlichen Vorbildern und Mustern orientiere. Die gibt es  bloß beispielsweise im Christentum nicht. Dort findet sich lediglich die arme Mutter Maria, die angeblich schwanger wurde, ohne jemals in sündiger Fleischeslust gelegen zu haben. Alles andere wäre nämlich schwer verwerflich. Alternativ sei noch Maria Magdalena erwähnt, die angebliche Hure. Wie soll das mir, einer Erwachsenen Frau des 21. Jahrhunderts, ein starkes Vorbild sein? Die ich jeden Tag im Job meinen Mann stehe und dennoch eine Ehefrau bin.

Jedoch bitte nicht verwechseln: Ich bin es, die bei uns daheim kocht und wäscht und putzt. Obwohl ich einen guten Job habe und Vollzeit arbeite. Ich mag einfach die klassische Rollenverteilung. Ich liebe Traditionen und alte Bräuche. Es fühlt sich gut an für mich. Mein Mann und ich ergänzen uns da prima. Schon früher hatte ich ja bereits erwähnt, dass ich durchaus etwas übrig habe für Klischees. Sie kommen vermutlich nicht ganz von ungefähr.

Egal in welcher Farbe ich meine Haare überfärbe, ein Schimmer Rot kommt immer durch. Meine Augen sind so grün wie Frösche, ich liebe meine Katzen mehr als die meisten Menschen und Steine betrachte ich als zweifelsfrei legitime Helferwesen.

Ich bin jedoch die Kämpferin und die Schutzbedürftige. Meine Geschichte hat mir die Chance eingeräumt, beide Seiten kennen zu lernen. Solange ich mir selber aussuchen kann, was für mich passt und was nicht, ist alles in Ordnung. Wenn ich offen einfordern kann, was ich gerade brauche. Das ist der entscheidende Faktor. Bei allem. Die Wahl zu haben. Das ist wichtig. Das macht mich gleichberechtigt. Niemand hat mich gezwungen; weder mein Mann, noch die Familie oder Gesellschaft im Allgemeinen.

Nun, ich will nicht zu sehr ins Detail gehen oder gar abschweifen. Häufig bezeichne ich mich als Natur-Spirituelle. Wenn ich irgendwo zum ersten Mal in eine Diskussion über Glaubensthemen gerate. Oder wenn ich danach gefragt werde und mein Gegenüber noch nicht so recht einzuschätzen vermag. Mit dem fehlenden Hintergrundwissen halten die Leute einen sonst gern für einen übergeschnappten Hippie und nehmen nicht mehr ernst, was man eigentlich sagen möchte. Außerdem ist das Thema durchaus kompliziert und eher nicht in zwei Sätzen abzuhandeln. Wobei das eigentlich schon okay ist. Von mir aus kann jeder herzlich gerne denken, was er möchte. Eine angenehme Gelassenheit, die das Alter so mit sich bringt.

Jedenfalls ist die Antwort durchaus korrekt und sehr ursprünglich. Immerhin ist es die Natur, mit ihrem Werden und Vergehen, den Jahreszeiten, Mondzyklen, ihrer Ebbe und Flut, an der wir Hexen uns permanent orientieren. Die Parallelen zu jedem Tag und jedem Leben sind für uns unübersehbar. Wie im Großen, so im Kleinen sagen wir. Wie oben so auch unten. Mikrokosmos gleicht Makrokosmos, Ursache ergibt Wirkung usw. usf. Wir Menschen sind selber rhythmische und zyklische Wesen. Körperlich, seelisch, allumfassend. Es gibt keine Frage, die unsere Natur nicht beantworten könnte, indem wir sie genau beobachten und als Beispiel oder zum Vorbild nehmen. So einfach ist das. Wir Hexen erachten sie vielleicht nur nicht als so belanglos, sondern widmen ihren Wundern mehr Aufmerksamkeit. Noch eine ganz einfache Tatsache.

Ich bin eine Natur-Spirituelle, das ist also vollkommen korrekt. Aber das ist noch nicht alles. Ich bin eine Frau! Da haben wir es wieder. Ich trage den Titel Hexe mit Stolz, im Gedenken an Tausende von Frauen, die vor mir da waren. Die dahin gemeuchelt, gefoltert, erniedrigt und verteufelt worden sind. Manchmal weil sie einfach nur jemand los werden wollte, manchmal weil sie   Eigenschaften hatten, die uns einfach im Blut liegen. Nichts verwerfliches. Mit Tieren reden, eine enge Verbindung zu Mutter Natur pflegen, Zeichen beobachten. Über ein feines Gespür verfügen, weibliche Intuition. Vielleicht das instinktive oder überlieferte Wissen, um die heilenden oder auch verheerenden Eigenschaften von Pflanzen. Sie taten im Prinzip Dinge, nach denen heute kein Hahn mehr kräht, könnte man sagen. Aber damals mussten wir dafür brennen.

Ich rede von Verbrechen an der Menschlichkeit. Am weiblichen Teil unserer Bevölkerung. Deshalb trage ich dieses Erbe auch zur Andacht und als Mahnmal. Um der Welt zu zeigen, dass wir überlebt haben. Dass wir ein Recht haben, zu leben, was wir sind. "Und schadet es keinem, so tue was Du willst", heißt es unter anderem in der Hexenrede.

Es sei in dem Zusammenhang übrigens angemerkt, dass ich keine Wicca bin. Aber mein Glaube ist dem sehr ähnlich. Nur weniger dogmatisch. Ich persönlich finde in so gut wie jeder Kultur und Religion dieser Welt einen Funken Wahrheit, der uns allen gemein ist. Einen Ursprung oder Kern, der uns verbindet.

Des weiteren bin ich keine fanatische Anhängerin von Homöopathie und Phytotherapie (auch wenn ich beides sehr schätze und natürlich nutze), die vielleicht Schulmedizin und Wissenschaft verpönen würde. Ich bin auch kein "Öko" in dem Sinne, der den Einsatz von Deodorant verweigert und in nichts als Biolatschen umher läuft. Alles quatsch. Solche Stempel lasse ich mir nicht aufdrücken. Herrje, ich rauche sogar! Ich zelebriere es förmlich, mich zu schminken und mich zurecht zu machen. Ich bin gerne ein Mädchen! Ich trinke und lache laut und tanze und feiere und lebe und liebe. Ich bin die Prinzessin und der Bauarbeiter und das wilde Weib - alles in einem. Ebenso bin ich die Jungfrau, die Mutter und die Weise Alte in einer Person. Aber in meinem Herzen wohnt ein kleiner Hippie, da ist schon was dran. Denn das ist der eine Punkt in unserem Glauben, der uns von den allermeisten Religionen unterscheidet: Unsere Göttin sagt "jeder Akt des Lebens ist eine Feier in meinem Namen". Amen Mutter, so soll es sein. 

Wir sind hier geboren, um zu lernen und uns zu entwickeln. Aber möglichst freudvoll. Es ist nichts ungewollt daran, dass wir uns amüsieren. Werde glücklich und mache aus Deinem Leben etwas Gutes. Für Dich und für die anderen. Das ist wahrer Göttinnen-Dienst. Wir verbringen diese Existenz "im Fleisch" und wir dürfen es genießen. In all seinen Facetten. 

Was Magie und Wissenschaft angeht: Sie sind für mich keine Gegensätze. Sondern lediglich zwei Worte in verschiedenen Sprachen, die eigentlich dasselbe bedeuten. Unterschiedliche Betrachtungs- und Herangehensweisen. Mehr nicht. Die Wissenschaft (da von Menschen gemacht und weiter entwickelt) braucht nun einmal ihre Zeit, um zu forschen, zu entdecken und bestätigen. Heute wissen wir auch, dass die Erde keine Scheibe ist. Aber bis zu dieser Erkenntnis hat es ein Weilchen gedauert. Ihr versteht worauf ich hinaus will. Rituale, Zauberformeln, Divination, Symbole und die Ausübung magischer Praktiken existieren seit Menschengedenken. Sie werden von Menschen ausgeführt, enthalten jedoch einen göttlichen Funken. Wie übrigens alles und jeder beseelt ist, meiner Meinung nach. Da wird der Kreis wieder rund.

Allerdings schätze ich den Zauber, das Mystische und Märchenhafte, welches der Magie, wie auch dem Hexentum, anhaftet. Wenn wir jedes Wunder in seine Einzelteile zerlegen, dann verliert es einfach nur seinen Glanz. Sieh den Sonnenaufgang doch einfach, so wie er ist. Spüre in Dich hinein, was der Anblick in Dir auslöst. Ohne zu hinterfragen, wie das physikalisch möglich ist. 

Die Geburt eines Kindes oder die Liebe zu einem anderen Menschen sind nicht weniger magisch, obwohl wir natürlich heut zu Tage die biologischen und chemischen Abläufe kennen, die zu Grunde liegen. Wobei vielleicht die Frage nie ganz geklärt werden wird, was zuerst da war, das Huhn oder das Ei...

Ich bin fest überzeugt (und meine Erfahrungen haben es im Laufe der letzten 40 Jahre fortwährend bestätigt), dass wir Einfluss nehmen können auf unser Leben. Auf unser Schicksal. Woran ich übrigens ebenso felsenfest glaube. Zufälle gibt es für mich nicht. Aber das bedeutet nicht, dass wir machtlos sind. Mit nichten. "Bewusst-sein" ist schon mal ein ganz entscheidender Faktor und Schlüssel zum eigenen Geschick. Was ich klar sehe und objektiv einschätze, damit kann ich auch umgehen. Mir muss also bewusst sein, was ich ändern kann (falls es mich stört), was ich hin nehmen muss (weil ich es nicht ändern kann) und vor allem muss ich das eine vom anderen zu unterscheiden wissen. Das ist eine Grundregel nicht nur in der Magie, sondern auch in der Psychologie und alltäglichen Lebensführung.

Genauso entscheiden wir uns jeden Tag aufs Neue in moralischen Dingen. Das nennen wir Gewissen. Es gibt zwei Dinge, die wir nicht zurück nehmen können: Den geschossenen Pfeil und das gesprochene Wort. Denkt einmal darüber nach. Sind nicht vielleicht, so gesehen, Himmel und Hölle gar nichts anderes als Karma? Wenn Du Dir am Ende des Tages noch im Spiegel in die Augen schauen kannst, ist das schon mal ein gutes Zeichen. Wenn Du am Ende Deines Lebens, danach, auf viele schlimme Dinge zurück zu blicken hast, dann musst Du damit zurecht kommen. Und es beim nächsten Mal am besten wieder gut machen. Aber das gilt auch schon im Leben. 

Die dreifache Regel nehme ich daher sehr ernst. Alles was Du aussendest, kommt dreimal zu Dir zurück, sagen wir. Im Guten wie im Schlechten. Wer arbeitet und aussät, der wird Lohn erhalten, ernten können. Wer lügt und betrügt, verrät und verletzt, wird irgendwann auffliegen bzw. mit den Konsequenzen konfrontiert werden.

Ich sage: Gedanken sind mächtig. Worte haben Kraft. Der Glaube kann Berge versetzen. Der mentale Antrieb, ein Ziel zu erreichen oder auch nicht, versetzt Dich in die Lage, es wirklich zu schaffen - oder auch nicht. Denk immer an die Hummel, die nicht weiß, dass sie eigentlich, rein physikalisch betrachtet, gar nicht fliegen kann. Sie tut es einfach. Sie ist sich der wirkenden Naturgesetze nicht bewusst und setzt sich deshalb darüber hinweg.

Nehmen wir eine rote Rose. Wenn ich sie für einen Zauber verwende, der sich vielleicht mit Liebe oder Herzensgüte befasst, ist die Blüte an sich erstmal nicht mehr oder weniger magisch als ein Laib Brot oder eine Kristallkugel. Meine Assoziationen laden sie mit der Kraft auf, die ihr von Natur aus bereits gegeben ist. Meine Gedanken und Absichten verstärken ihre Natur. Ich sehe ihre Farbe und verbinde damit Liebe, Blut, Leidenschaft. Ich sehe, dass ihr Stiel auch Dornen hat. So wie jede Partnerschaft eben auch. Ich rieche ihren betörenden, verführerischen Duft. Ich weiß, dass sie sich aus einer zarten Knospe immer weiter entfaltet hat. Kein Teil ist in meinem Universum "einfach nur so", wie es auf den ersten Blick erscheint. Ich erfasse es im Ganzen, soweit es mir eben möglich ist. Und dann lege ich all das, was ich damit verbinde, in meine Vorstellung vom gewünschten Ergebnis. Soviel mal in meinem kleinen Exkurs zur Zauberei. 

Auch Kochen ist nichts anderes als Magie. Ein rein transformativer Akt. Wie im Ritual wählen wir die nötigen Zutaten aus. Geben Gewürze hinzu, um dem ganzen etwas Pfiff zu verleihen. Wir überlegen was passt. Und dann wird schlussendlich aus vielen Einzelteilen etwas völlig Neues, ein Ganzes, zusammen geschmolzen. Worin nebenbei bemerkt auch die althergebrachte, nicht zu unterschätzende  "Küchenmagie" ihre Ursprünge hat. Ihr lest also unter anderem gerade ein Plädoyer auf das womöglich wirklich älteste Gewerbe der Welt. Auf eine Kunst, ein Handwerk und eine Wissenschaft. Auf die irgendwie natürlichste Sache, die man sich vorstellen kann.

Die sogenannte "Magie der leeren Hand" funktioniert ebenfalls zweifelsohne. Sie ist nichts anderes, als eine Form von Gebet. An wen oder was auch immer gerichtet. Aber ich wasche weder ohne Weichspüler, noch werde ich ein Ritual ohne etwas Beiwerk ausführen. Das kann alles sein, was für mein Empfinden stimmig erscheint. Kerzen, Schnüre, Öle, Steine, Federn, Kräuter, Püppchen oder Alltagsgegenstände. Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt. Denn sie ist der Spielplatz jeglicher Art von Magie. Wir weben sie in der Traumzeit. Wie wir Menschen Kunst erschaffen, sind wir auch die Mitschöpfer unserer Realität.

Diese Tatsache macht uns "nach Gottes Vorbild geschaffen". Indem wir selber an jedem Tag (Mit-)Schöpfer sind. Ob wir nun schreiben, malen, töpfern, backen, gärtnern, Zahlen analysieren, heilen oder zaubern.

Vieles lässt sich also beeinflussen, beschützen, positiv wenden oder einen leichten Schwung in die richtige Richtung verleihen. Gedanken werden Worte, Worte werden Taten und schon ist es wahr. Wir manifestieren unsere Realität permanent. Häufig jedoch ohne uns dessen bewusst zu sein. Mantren sind ein gutes Beispiel. Sage Dir einmal spaßeshalber 30 Tage lang jeden Morgen ins Gesicht, dass Du hübsch und liebenswert bist. Lächle dabei. Du wirst es verinnerlichen, bis Du es selber glaubst. Irgendwann strahlst Du diese Überzeugung automatisch aus und die Menschen, die Dir begegnen, reagieren auch entsprechend auf Dich. Allerdings funktioniert dieses Prinzip auch umgekehrt. Wenn Du Dir ständig sagst, dass Du nicht genug bist, hässlich oder dumm, dann wirst Du das ebenfalls irgendwann selber glauben... Und schon sind wir bei der allseits bekannten "selbst erfüllenden Prophezeigung" angelangt. Wir programmieren. Uns. Die Welt. Die Umstände.

Weshalb lesen wir denn unseren Kindern Märchen vor? Sicherlich, um sie zu unterhalten. Aber sie lernen auch daraus. In allen alten Geschichten sind mächtige Botschaften verborgen. Schätze, die es zu heben gilt. Die den Charakter formen, ermutigen und unterschwellig sogar auf das Leben vorbereiten. Viele dieser alten Gute-Nacht-Geschichten sind objektiv betrachtet regelrecht grausam. Sie erzählen von Initiationsreisen, Visionssuchen, vom zerstückelt und wieder zusammengesetzt werden. Nichts anderes passiert im Laufe eines Lebens jedem Menschen. Wir lieben, leiden, lachen, werden verletzt, wir scheitern. Aber im besten Fall stehen wir auch wieder auf. Richten das Krönchen und begeben uns zu neuen Abenteuern.

Als nichts anderes betrachte ich die Bibel im Prinzip. Sie ist ein großes, wichtiges und durchaus aussagekräftiges Märchenbuch, in meinen Augen. Eine lehrreiche Bildergeschichte über die Menschheit, die Moral und ihrer beider Entstehung. Eine Orientierungshilfe. Die man vielleicht nicht immer unbedingt allzu wörtlich nehmen sollte. Und in der Art und Weise, wie sie formuliert wurde, vermutlich auch einigen eher dienlich als anderen. Aber darum geht es hier nicht.

Wir waren beim Manifestieren stehen geblieben und dabei, wie wir selbst jeden Tag aufs Neue unsere Welt beeinflussen. Wie wir sie formen und verändern können. Womit ich übrigens nicht behaupte, die ewig gültigen Gesetze umgehen zu können. Es gibt Regeln, die lassen sich auch mit massiver Gedankenkraft nicht brechen. Höchstens die Grenze können wir dehnen. Der Tod gehört dazu. Er ist einer der Stützpfeiler in diesem magischen Konstrukt. Alles in der materiellen Welt ist dem Verfallsprozess unterworfen. Menschen, Tiere, Bäume, Blumen, Steine. Sie alle haben zwar verschieden lang währende Lebenszyklen. Aber fest steht, nichts davon lebt ewig. Was geboren wird, muss auch sterben.

Heutzutage träume ich, unter der vollen Mondin um ein Feuer zu tanzen. Im Kreise vertrauter Frauen. Begleitet von den Geister-Rasseln, einem stampfenden Rhythmus und dem Klang von Trommeln, die mich bis ins Mark durchdringen. Ich träume davon, über die Felder meiner Wahlheimat zu fliegen und einen Baum in ihrer Mitte zu umarmen. Ich träume von meinem Wald und von Nebel. Von der atemlosen, befreienden Hetze des Laufens. Solche Erinnerungen vermischen regelmäßig mein aktuelles und längst vergangene Leben miteinander. Diese Sequenzen erinnern mich an die Sehnsucht nach Freiheit, wenn ich es mit den To-do-Listen, Kalendereinträgen, Terminen und dem Drang nach Perfektionismus wieder einmal übertrieben habe. Mein Körper sendet somit einen zuverlässigen Weckruf, wenn ich vom Weg ab zu kommen drohe. 

Jedoch brauchte es viele schmerzhafte Jahre und Erfahrungen, diesen Ruf zu verstehen. Ihn nicht auszublenden. Sondern aufzuschrecken und zu erkennen, das etwas nicht stimmt. Dass die Selbstfürsorge auf den Plan rücken musste. 

Derartige Gedanken-Verknüpfungen sind für mich so selbstverständlich. Warum seht Ihr das nicht? Das frage ich mich manchmal. Wieso versteht Ihr die Wunder nicht? Warum wisst Ihr sie nicht zu schätzen? Bin ich eine Form dessen, was Ihr heut zu Tage als Autisten bezeichnet? Seit wann ist es krank, sich nicht vollkommen an eine ungesunde Gesellschaft anzupassen, die sich selbst nicht mehr kennt oder wertschätzen kann? 

Wenn ich sage "lasst uns die Feste feiern, wie sie fallen und das Leben genießen", dann meine ich JETZT. Weil dies das (d)eine, das entscheidende Leben ist. Du bekommst keine zweite Chance, es zu meistern. Mach das Beste daraus. Jeden Tag aufs Neue. Immer wieder. Jeden Tag besser als zuvor. Wir sind die Alten. Wir sind die Neuen. Stärker als zuvor.